Der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier und Sozialminister Stefan Grüttner haben heute in Wiesbaden über geplante Änderungen am Kinderförderungsgesetz informiert. „Wir nehmen die Sorgen der Eltern sowie der Erzieherinnen und Erzieher sehr ernst“, erklärten Bouffier und Grüttner im Rahmen einer Pressekonferenz. Daher sind Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen von CDU und FDP übereingekommen, das Kinderförderungsgesetz an einigen Stellen zu ändern. „Einige Änderungen am Gesetzesentwurf sind notwendig, um den Menschen die Verunsicherung zu nehmen, aber auch, um die Missverständnisse auszuräumen, die teils die Diskussion der letzten Wochen bestimmt haben. Damit handeln wir verantwortungsbewusst und umsichtig“, sagte der Ministerpräsident.

„Das Hessische Kinderförderungsgesetz ist ein gutes Gesetz, das für die Kinder eine deutliche Verbesserung der Betreuung ermöglicht. Für die Kinderbetreuung sind nach dem Gesetz die Kommunen zuständig. Das Land hilft hier den Kommunen. Diese Hilfe des Landes wurde unter der Verantwortung von CDU und FDP gegenüber der Regierungszeit von rot-grün von 80 Mio. in 1998 auf über 425 Mio. vervielfacht. Dies zeige die herausragende Bedeutung, die CDU und FDP der Kinderbetreuung in Hessen beimessen“, so Bouffier und Grüttner. In diesen Zusammenhang gehöre auch das Kinderförderungsgesetz, so Ministerpräsident und Sozialminister weiter.

Bouffier und Grüttner hoffen, dass dann auch die Chancen, die das Gesetz für die Kinder in Hessen biete, wieder stärker in den Fokus rücken. „Mit dem Kinderförderungsgesetz schaffen wir in einer bislang sehr unterschiedlichen Landschaft in Hessen landesweit gleiche Startchancen und Möglichkeiten in den Kinderbetreuungseinrichtungen. Es werden vom Land Hessen einheitliche Mindeststandards für die Betreuungsqualität für alle verbindlich festgeschrieben“, erläuterte dazu Staatsminister Grüttner. „Damit stellen wir sicher, dass für jedes Kind in Hessen gleiche Ausgangsvoraussetzungen bei der Qualität der Betreuung garantiert sind.“ Nicht zuletzt durch die Anhörung sei aber deutlich geworden, dass es bei einzelnen Regelungen erhebliche Missverständnisse und Befürchtungen gebe.

Mit Blick auf die Änderungen sagte der Sozialminister, dass immer klar gewesen sei, dass sich diese aus der Anhörung heraus noch ergeben könnten. „Wir haben die Vorschläge aus der Anhörung und den vielen intensiven Gesprächen, die wir geführt haben, aufgegriffen. Auf dieser Basis möchten wir einige Punkte im Gesetz ändern, die Eltern sowie Erzieherinnen und Erzieher verunsichert haben.“ Bouffier und Grüttner nannten in diesem Zusammenhang die Spezialisten aus anderen Berufsbereichen, die unter Anrechnung auf den Fachkräftebedarf die Teams der Einrichtungen bis zu 20 Prozent und unter ganz bestimmten Kriterien hätten ergänzen können. „Dieser Wunsch wurde aus der Praxis an uns herangetragen und wir sind nach wie vor der Überzeugung, dass bspw. eine Kinderkrankenschwester ein Team sinnvoll ergänzen kann. Die Sorge, dass damit eine Qualitätsabsenkung einhergehen könnte, war jedoch so groß, dass wir es für richtig halten, diesen Punkt in der angedachten Form zu korrigieren und auf die Erweiterung des Fachkraftkatalogs zu verzichten.“

Auch im Falle der Gruppengrößen in Krippen gehen der Ministerpräsident und der Sozialminister davon aus, dass mit der Festschreibung auf maximal zwölf Kinder pro Gruppe im Gesetz Eltern und Erzieherinnen und Erziehern ihre Sorgen genommen werden können. „Die Fixierung auf maximal zwölf Kinder pro Krippengruppe im Gesetz wird sicherlich die Angst nehmen, die durch theoretisch-rechnerische Annahmen vielfach entstanden ist und mittels derer leider häufig auch falsche Zahlen in der Welt waren“, stellte Grüttner klar.

Der Sozialminister betonte in diesem Zusammenhang, dass mit der Einführung der Fachkraft-Kind-Relation die Qualität der Betreuung verbessert werde. „Daran gab und gibt es nichts zu Rütteln. Wenn heute zwölf Kinder von zwei Fachkräften betreut werden, so wird sich diese Relation erhöhen und zwar um mindestens 0,8 Fachkräfte in einer solchen Gruppe. Und zwar immer von der Mindestverordnung ausgehend“, rechnete Grüttner vor. „Die Qualität geht damit definitiv nach oben.“ Das gelte auch vor dem Hintergrund des Hessischen Bildungs- und Erziehungsplanes sowie der vielen Einzelpauschalen, mit denen bspw. Schwerpunkt –Kitas gefördert werden könnten.

Mit Blick auf die so genannten Ausfallzeiten erläuterten Bouffier und Grüttner, dass diese erstmals überhaupt gesetzlich geregelt würden. „Indem wir hier 15 Prozent vorgeben, ist das wiederum ein Mindeststandard, der damit gesetzlich garantiert wird. Das gab es so zuvor nicht. Das bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass Kommunen, die auf freiwilliger Basis bilateral bspw. 30 Prozent vereinbart haben, von diesen abrücken müssen. Und die Verteil- und Leitungsfreistellungszeiten regeln die Träger weiterhin selbst.“ Wenn das Land jetzt mit 424,5 Millionen Euro mehr Geld ins System gebe, existiere kein Grund für die Kommunen an dieser Stelle zu reduzieren. Grüttner habe deswegen die Kommunen in einem Schreiben gemeinsam mit dem Hessischen Finanz- und Innenminister aufgefordert, ihre freiwillig vereinbarten Standards beizubehalten. Bilaterale Verabredungen könnten weiterhin wie gehabt abgeschlossen werden.

Eine weitere Änderung am Gesetz sei die Einführung eines weiteren Betreuungsmittelwertes zur besseren Differenzierung. Damit wird der derzeit höchste Wert von 42,5 Stunden um den von 50 Stunden ergänzt. „Das Land regelt keine Öffnungszeiten. Durch den weiteren Betreuungsmittelwert wird dieser Punkt klargestellt“, so der Sozialminister.

Besonders wichtig ist für Grüttner auch eine rasche Regelung für die Betreuung von Kindern mit Behinderung. Hierfür sind alleine die Kommunen zuständig. „Ich habe mich ganz aktuell nochmals bei den Kommunalen Spitzenverbänden, den Landräten und Oberbürgermeistern dafür eingesetzt, dass es bei der Übertragung der bisherigen Standards auf die neue Systematik des Hessischen Kinderfördergesetzes bei der gewohnten Qualität bleiben wird“. Die Partner der Rahmenvereinbarung Integrationsplatz seien bei dieser „wichtigen Frage in der Pflicht“. Dazu zähle auch die Lösung der Frage, inwieweit die derzeit in der Rahmenvereinbarung für den Bereich der Betreuung von Kindergartenkindern getroffene Regelung zur Reduktion der Gruppengröße aufrechterhalten werden könne sowie auf die Betreuung von Kindern unter drei Jahren übertragen und an die voraussichtlich ab 1. Januar 2014 geltende Systematik des Hessischen Kinderförderungsgesetzes angepasst werden könne.

Die Änderungsvorschläge finden Sie hier auf einen Blick:

Verteil- und Leitungsfreistellungszeiten

Die Ausfallzeiten (Zeiten für Abwesenheiten wie Urlaub, Krankheit und Fortbildung) werden erstmals gesetzlich geregelt, indem das Land hier Mindeststandards vorschreibt. Das Gesetz soll um einen Passus ergänzt werden, der deutlich werden lässt, dass bilaterale Vereinbarungen zwischen den Trägern und den Kommunen auch weiterhin abgeschlossen werden können und die Verteilzeiten (Zeiten für Vor- und Nachbereitung) und Leitungsfreistellungszeiten (Freistellung der Leitung für organisatorische und koordinierende Tätigkeiten) Sache der Träger bleiben.

Keine Erweiterung des Fachkraftkataloges

Von Trägern und Einrichtungen wurde hier der Wunsch geäußert, dem real gelebten Betreuungsalltag zu entsprechen und es möglich zu machen, die Arbeit von Spezialisten aus anderen Bereichen auf den Fachkräftebedarf anzurechnen. Die Sorge, dass damit eine Entprofessionalisierung einhergehen könnte, war so groß, dass auf die Erweiterung des Fachkraftkatalogs verzichtet wird. Im Fachkraftkatalog wird geregelt, wer alles in einer Kita arbeiten darf und wie die Qualifikationen angerechnet werden.

Einführung eines vierten Betreuungsmittelwertes von 50 Stunden

Um dem Eindruck entgegen zu treten, mit dem Kinderförderungsgesetz würden Öffnungszeiten auf 42,5 Stunden reduziert, soll ein weiterer Betreuungsmittelwert von mehr als 50 Stunden eingeführt werden, um damit eine bessere Differenzierung zu erreichen. Da die Berechnung der individuellen Betreuungszeit zu kompliziert wäre, werden Zeiträume definiert. So werden für Kinder als Beispiel, die zwischen 25 und 30 Stunden betreut werden, der Mittelwert zur Berechnung des Fachkraftangebots von 30 Stunden genommen.

Gruppengröße für Krippengruppen liegt bei maximal zwölf Kindern

Um Eltern und Erzieherinnen und Erziehern auch hier größtmögliche Sicherheit zu geben, wird das Gesetz um einen Passus ergänzt, der regelt, dass maximal zwölf Kinder in einer Krippengruppe betreut werden dürfen.

Änderung der Qualifizierungserfordernisse für erfahrene Tagespflegepersonen

Um für bereits langjährig tätige Tagespflegepersonen eine zusätzliche Belastung durch umfangreiche Nachqualifizierungen zu vermeiden, wird vorgeschlagen, bisherige Erfahrungen anzurechnen.

Einführung einer Verpflichtung zur Evaluierung der Neuregelungen des Kinderförderungsgesetzes

Es sollte festgeschrieben werden, dass die Landesregierung dem Hessischen Landtag bis zum 31. Dezember 2016 einen Bericht über die Durchführung dieses Gesetzes vorlegt. 

Foto: E. Blatt (Hessische Staatskanzlei)

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