Schwere Worte nach einem schweren Gang: Auf seiner Israel-Reise hat Ministerpräsident Bouffier in der Gedenkstätte Yad Vashem der Holocaust-Opfer gedacht. Und einen roten Faden gezogen: Die Deutschen müssten gut verstehen, wie sich das bedrohte Israel heute fühle.

Wegen ihrer historischen Schuld an der Vernichtung der Juden im Zweiten Weltkrieg müssen die Deutschen nach Ansicht des Hessischen Ministerpräsident Volker Bouffier besonders sensibel mit der politischen Lage im Nahen Osten umgehen. "Wir müssen die Zukunft auch Israels gestalten, ohne zu vergessen", sagte Bouffier am Donnerstag beim Besuch der zentralen Holocaust-Gedenkstätte in Yad Vashem. Außerdem warnte der Regierungschef vor extremistischen Tendenzen in Deutschland: "Wir müssen auch sensibel bleiben für die Entwicklungen, die uns besorgen."

Am zweiten Tag seines Besuchs in Israel und in den palästinensischen Gebieten gedachte der Ministerpräsident der Holocaust-Opfer und legte einen Kranz nieder. "Der Holocaust bleibt ein unfassbares Verbrechen", schrieb Bouffier in das Gästebuch der Gedenkstätte. "Ich verneige mich in Demut vor den Opfern." Für Bouffier war es bereits der dritte Besuch in Yad Vashem.

Nach einer Führung durch die Gedenkausstellung betonte der Ministerpräsident: "Das Existenzrecht des Staates Israel gilt uneingeschränkt und ist nicht verhandelbar." Der Holocaust bleibe ein einzigartiger Zivilisationsbruch. Es sei zudem ein Teil der deutschen Staatsräson, zu erinnern und nicht zu vergessen. "Man bekommt ein wenig das Gefühl wie es ist, wenn sich jemand nach diesen schrecklichen Erfahrungen erneut in Gefahr und in seiner Existenz bedroht fühlt." Das helfe dabei, die aktuellen Probleme in Israel zu verstehen.

Der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Salomon Korn, sprach nach dem Besuch von einer "moralischen Verpflichtung" auch der Israeli. Aus dieser könne der Staat auch nach dem Holocaust nicht entlassen werden. "An Israel sind die gleichen moralischen Maßstäbe zu setzen wie an jedes andere Volk oder Land auch. Nicht weniger, aber auch nicht mehr als bei anderen", sagte Korn, der auch den Vorsitz über die jüdische Gemeinde in Frankfurt hat. Grund für die derzeit starke Kritik der Deutschen an der israelischen Politik sei der "Entlastungsgedanke der mittleren und älteren Generation", sagte er der dpa.

Nach einem Treffen mit dem Jerusalemer Bürgermeister Nir Barkat und dem israelischen Vize-Ministerpräsidenten Dan Meridor ist in den kommenden Tagen unter anderem auch ein Gespräch mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Salam Fajad geplant. Die Palästinensergruppen Hamas und Fatah beraten gerade über die Bildung einer gemeinsamen Regierung. Bouffier rief beide Seiten im israelisch-palästinensischen Konflikt dazu auf, zusammenzuarbeiten. "Auf beiden Seiten muss es Menschen geben, die eine Partnerschaft wollen", sagte er im Gespräch mit Barkat. "Man kann dabei Teil des Problems sein oder Teil der Lösung. Und wenn man nicht Teil der Lösung ist, dann ist man Teil des Problems."

Zu Bouffiers Delegation gehört neben Landtagspräsident Norbert Kartmann und Landtagspolitikern auch der Präsident der Technischen Universität Darmstadt, Hans-Jürgen Prömel. Als stellvertretender Vorsitzender des Darmstädter House of Finance wollte er am Abend eine Vereinbarung der Software-Plattform mit der Universität in Herzliya unterzeichnen. "Unser Ziel ist es, Wissenschaft und Wirtschaft zueinander zu bringen", sagte Prömel der Nachrichtenagentur dpa. Berührungsängste gebe es kaum. "Auch die Wirtschaft hat sich deutlich geöffnet."

Allerdings sieht er bei allen Schnittmengen auch ein Risiko: "Das Verhältnis von Drittmitteln und Grundfinanzierung muss stimmen. Denn wenn wir nicht mehr die Möglichkeit haben, Projekte auch ablehnen zu können, die nicht in unser Profil passen, verlieren wir unsere unabhängige Rolle."

Quelle: dpa/lhe

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