Ministerpräsident Volker Bouffier, Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz und Landesbeauftragte Margarete Ziegler-Raschdorf diskutierten mit Spitzenvertretern.

 

„Die Arbeit und Anliegen der Heimatvertriebenen und Spätaussiedler bleiben weiter Verpflichtung der Hessischen Landesregierung. Darauf können Sie sich verlassen.“ Diese zentrale Aussage hob Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier im Rahmen des traditionellen Neujahrsgesprächs mit rund 50 Vertretern und Vertreterinnen des Bundes der Vertriebenen (BdV) und der Landsmannschaften gleich in seinem Eröffnungswort hervor. Im Jahr 1999 begründete Ministerpräsident Roland Koch die Tradition eines jährlich stattfindenden Neujahrsgesprächs, das nur einmal ausfiel – im letzten Frühjahr wegen der arbeitsintensiven Koalitionsverhandlungen nach der Landtagswahl. Auf diesen Umstand ging der Ministerpräsident ein, indem er ausführte: „Kein anderes Bundesland hat das, was Hessen hat. Der Koalitionsvertrag spricht sowohl der Landesbeauftragten für Heimatvertriebene und Spätaussiedler wie dem Landesvertriebenenbeirat eine Bestandsgarantie aus. Auch wenn die Erlebnisgeneration weniger wird, bleiben die Themen wichtig. Sie müssen weitergegeben werden. Darüber sind wir uns in der neuen Landesregierung einig. Und daher war der Ausfall des Neujahrsgesprächs im vergangenen Jahr eine Ausnahme.“

Teilnehmer

An dem Gespräch in der Hessischen Staatskanzlei nahmen als weitere Vertreter der Landesregierung Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz, der Sprecher der Landesregierung, Staatssekretär Michael Bußer sowie die Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Margarete Ziegler-Raschdorf, teil. Auf Seiten der Landsmannschaften waren u.a. der Landesvorsitzende des BdV Hessen, Siegbert Ortmann, anwesend, der Präsident der Sudetendeutschen Bundesversammlung und gleichzeitig stellvertretende Bundesvorsitzende des BdV Deutschland, Reinfried Vogler sowie für die hessischen Patenlandsmannschaften der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft Weichsel-Warthe, Dr. Martin Sprungala, und der Landesvorsitzende der Deutsch-Baltischen Gesellschaft Hessen, Jürgen von Boetticher. Die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland wurde durch den Landesvorsitzenden Johann Thießen und weitere Spitzenvertreterinnen repräsentiert.

               

Ministerpräsident Bouffier, dessen Mutter eine vertriebene Donauschwäbin war, richtete in seiner engagierten Eröffnungsrede den Blick nach Europa: „Es bereitet mit Sorge, dass unsere Bundeskanzlerin in griechischen oder italienischen Zeitungen nur noch mit einem schwarzen Oberlippenbärtchen gezeigt wird. Auf der anderen Seite ist beispielsweise unser deutsches Verhältnis zum Nachbarland Polen inzwischen so gut, dass wir dafür sehr dankbar sein müssen. Vertriebene und Aussiedler sind Brückenbauer in ihre Herkunftsgebiete, in die Staaten Mittel- und Osteuropas. Sie wirken mit daran, dass Deutschland mit Polen, Tschechien, Ungarn, Rumänien und anderen Ländern heute gut und vertrauensvoll zusammenarbeitet. Angesichts des Krieges in der Ukraine oder der finanziellen Lage in manchen europäischen Ländern müssen wir daran arbeiten, dass die gemeinsamen Werte Europas nicht untergehen. Und dafür brauchen wir die Länder in Mittel- und Osteuropa.“

Gedenktag am zweiten Septembersonntag

Bouffier hob den 2014 erstmalig durchgeführten „Landesgedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation“ hervor, der nun jährlich mit dem „Tag der Heimat“ des BdV Hessen am zweiten Septembersonntag begangen werde. Er lud zudem bereits ein, am 30. Mai beim „Tag der Vertriebenen“ im Rahmen des Hessentages in Hofgeismar teilzunehmen. Abschließend dankte der Ministerpräsident den Anwesenden für ihre ehrenamtliche Arbeit und das Vertrauensverhältnis zwischen Land und Verbänden.

               

BdV-Landesvorsitzender Siegbert Ortmann sprach im Anschluss ein Grußwort und führte danach durch die ausführliche Diskussionsrunde. Im Namen aller Mitgliedsverbände dankte er dem Ministerpräsidenten für die Einladung zum traditionellen Gedankenaustausch und die verlässliche Förderung seitens der Landesregierung: „Wir Vertriebenen und Aussiedler sehen in der Einladung eine Hervorhebung als gesellschaftliche Gruppe, als besonderen Gesprächspartner der Landesregierung. Wir bringen uns auch künftig in Hessen ein, zum Beispiel in die aktuelle Diskussion der Flüchtlinge und Hilfesuchenden, die in unser Land kommen. Wir kennen diese Not aus eigener Erfahrung und wollen uns vor diesem Hintergrund gemeinsam dafür einsetzen, damit diese Menschen hier willkommen sind.“

Verlässliche ideelle und finanzielle Unterstützung

Ortmann dankte der Landesregierung für die weitere verlässliche ideelle und finanzielle Unterstützung der ehrenamtlichen Verbands- und Kulturarbeit. Ferner lud er den Ministerpräsidenten und die Mitglieder der Landesregierung ein, gemeinsam mit Vertretern des BdV und der Landsmannschaften Reisen in die Herkunftsgebiete der Heimatvertriebenen und Aussiedler zu unternehmen. Alternativ sei die Einbindung von BdV-Vertretern bei Reisen von Vertretern der Landesregierung denkbar, so wie Bayern dies bereits pflege. Damit würden nach seiner Erfahrung wichtige Signale für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit den verschiedenen Regionen bzw. Staaten gesetzt.

Diesen Gedanken griff im weiteren Gespräch der Vorsitzende des Deutsch-Europäischen Bildungswerkes e.V. (DEB), Bürgermeister a.D. Georg Stolle, auf. Stolle lud den Ministerpräsidenten und die Mitarbeiter der Landesministerien ein, an den Bildungsreisen des DEB in die Staaten nach Mittel- und Osteuropa teilzunehmen. Als „Bildungsarbeit leistende Tochter“ des BdV Hessen organisiere das DEB jedes Jahr verschiedene mehrtägige Reisen. 2015 gehe es unter anderem nach Rumänien und ins Baltikum. Dabei greife man zum Beispiel die Thematik des anstehenden Jubiläums zwischen dem Land Hessen als Paten und der Deutsch-Baltischen Gesellschaft auf.

65. Jahrestag des Wiesbadener Abkommens

Der Präsident der Sudetendeutschen Bundesversammlung, Reinfried Vogler, wies darauf hin, dass in diesem Jahr für die Sudetendeutsche Landsmannschaft mit dem 65. Jahrestag des Wiesbadener Abkommens von 1950 ein kleines Jubiläum bevorstehe. Dieses wolle man zusammen mit der Landesregierung und Vertretern der tschechischen Regierung im Rahmen eines Festaktes in der Landeshauptstadt würdigen.

               

Der stellvertretende BdV-Landesvorsitzende Manfred Hüber erinnerte an die Diskussion aus den Vorjahren zum Stand der besseren Einbindung der Themen Flucht, Vertreibung und Spätaussiedlung in hessischen Schulbüchern.

Die Themen Flucht und Vertreibung in der Schule vermitteln

Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz betonte in seiner Erwiderung dazu, dass es ihm wichtig sei, die Themen Flucht und Vertreibung in der Schule zu vermitteln. Bei den Schulbüchern könne er versichern, dass die bisherigen schriftlichen Eingaben seitens des BdV an die Schulbuchverlage weitergegeben und mit diesen besprochen wurden. Wenn die Zeitzeugen als Betroffene nicht mit den Texten einverstanden seien, könne das schließlich nicht unberücksichtigt bleiben. Sein Haus sei dabei, einen Termin mit einigen Vertretern des BdV bzw. des Pädagogischen Arbeitskreises Mittel- und Osteuropa (PAMO) zu koordinieren, um ein weitergehendes Gespräch zu führen. Es bliebe aber auch künftig bei der Schwierigkeit, dass eine Landesregierung einem Schulbuchverlag keine Vorschriften über konkrete Darstellungen einzelner Themen machen könne. Er wolle jedoch gerne die Hinweise des BdV aufnehmen, wenn dieser Vorschläge für aus seiner Sicht geeignete Schulbücher mache.

Landesbeauftragte Margarete Ziegler-Raschdorf stellte in diesem Zusammenhang fest, dass sie die Digitalisierung von geeigneten Unterrichtsmaterialien zur Belebung des Geschichtsunterrichts für außerordentlich wichtig und für eine dringend zu bearbeitende Aufgabe halte. Insbesondere junge Menschen seien damit viel eher zu erreichen. Ziel müsse es sein, den Schulen schnell verfügbares, verständliches und nicht zu umfangreiches Unterrichtsmaterial zu Flucht und Vertreibung von Deutschen nach dem II. Weltkrieg bereit zu stellen. Aus diesem Grund werde sie in Kürze ein Gespräch mit Kultusminister Lorz führen, um neue Ansätze zu besprechen. Zudem solle die Einbindung von Vertriebenen als Zeitzeugen an Schulen stärker beworben werden. Ministerpräsident Bouffier bekräftigte diesen Gedanken und bot an, in Zusammenarbeit mit dem Sozial- und dem Kultusministerium noch im Jahr 2015 ein bereits vorliegendes Verzeichnis des BdV aufzugreifen und in Hessen in geeigneter Form zur Verfügung zu stellen.

Dritter Hessischer Preis „Flucht, Vertreibung, Eingliederung“

Zum Ende des Neujahrsgespräches riefen Ministerpräsident Bouffier und Landesbeauftragte Ziegler-Raschdorf dazu auf, Werbung für den diesjährigen dritten Hessischen Preis „Flucht, Vertreibung, Eingliederung“ zu machen. Einsendeschluss sei der 15. März. Die Preisverleihung werde im Rahmen des Hessentages am 30. Mai 2015 in Hofgeismar stattfinden.

Foto: Hessische Staatskanzlei

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