Sprechstunde der Landesbeauftragten und öffentliche Sitzung des Hessischen Landesbeirates für Vertriebenen-, Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen mit Minister für Soziales und Integration, Stefan Grüttner.

In Hofgeismar startete der traditionelle Tag der Vertriebenen auf dem Hessentag mit der öffentlichen Sprechstunde der Landesbeauftragten der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Margarete Ziegler-Raschdorf. Im Anschluss fand unter Teilnahme von Staatsminister Stefan Grüttner eine öffentliche Sitzung des Landesbeirates für Vertriebenen-, Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen statt, bei der vor dem Hintergrund gestiegener Zugangszahlen die Eingliederung von Spätaussiedlern im Vordergrund stand.

Höhepunkt des Tages war der traditionelle Brauchtumsnachmittag des Bundes der Vertriebenen (BdV), zu dem Vorsitzender Siegbert Ortmann den Hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier mit seiner Gattin Ursula, Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke, Minister  für Soziales und Integration Stefan Grüttner, die Landesbeauftragte der Hessischen Landesregierung Margarete Ziegler-Raschdorf sowie Landtagsabgeordnete Brigitte Hofmeyer, Vertreterinnen und Vertreter der Stadt Hofgeismar und zahlreiche Besucherinnen und Besucher aus ganz Hessen willkommen hieß. 

Hessen: ein weltoffenes, wirtschaftsstarkes Bundesland

In seiner Festrede sprach Ministerpräsident Volker Bouffier den Vertriebenen seinen Dank dafür aus, dass sie Hessen mit aufgebaut und zu dem gemacht haben, was es heute darstellt, nämlich ein weltoffenes, wirtschaftsstarkes Bundesland. Er nahm Bezug auf die Worte von  Bundesaußenminister Walter Steinmeier, der gesagt hat, die Welt scheine derzeit  „irgendwie aus den Fugen“.  Die Ereignisse zeigten, dass es auch heute wieder eine Notwendigkeit gebe, Menschen Zuflucht und neue Heimat zu bieten. 50 Millionen Menschen seien weltweit auf der Flucht, weil es um uns herum zahlreiche ungeordnete und unbefriedete Regionen gebe, die zu Brandherden geworden seien. So bleibe die  Aufnahme von Flüchtlingen ganz aktuell und weiterhin eine Notwendigkeit und unser Bemühen, da die Zahlen weiter steigen.

„Die Heimatvertriebenen verstehen besser als andere, was es bedeutet, vertrieben zu werden und die Heimat zu verlieren“, sagte der Ministerpräsident. Der große Verband des BdV habe verdienstvoll gewirkt, als in den 90er Jahren eine ganz große Anzahl der Spätaussiedler kam. Bei der Eingliederung dieser Menschen, die teils drei Mal ihre Heimat verloren hatten, haben der BdV und die Organisationen der Landsmannschaften der Deutschen aus Russland und der Wolgadeutschen viel geleistet.

Dank den Verbänden, die als Brückenbauer wirken

Der Ministerpräsident richtete seinen Dank an die genannten Verbände, die eher als alle anderen als Brückenbauer wirken könnten und betonte: „Hessen ist mit seiner Vertriebenenpolitik im Bundesvergleich einmalig und hat keinen Nachholbedarf. Die Arbeit der Vertriebenen wird geschätzt und unterstützt“. Für die Verbände der Vertriebenen und der Spätaussiedler gebe es feste Partner in der Landesregierung, wie den Minister für Soziales und Integration und die Landesbeauftragte. Beiden spreche er seinen besonderen Dank für ihre Arbeit aus.

Im 70. Jahr nach Ende des II. Weltkrieges mit 60 Millionen Toten, der den moralischen Tiefpunkt in der Geschichte unseres Landes darstelle, erinnerte er an die besondere Verantwortung die daraus erwachse. Die Antwort darauf, damit so etwas nie wieder passieren könne sei das vereinte Europa. Dieser gewaltige Auftrag bedeute: „Europa darf nie mit kleiner Münze daherkommen!“ Europa biete die Chance, unterschiedliche Interessen ohne Krieg auszugleichen.

Zur Charta der deutschen Heimatvertriebenen 

Die Vertriebenen könnten stolz sein auf die Erklärung, die sie in ihrer Charta der deutschen Heimatvertriebenen im Jahr 1950 - 5 Jahre nach dem Krieg - abgegeben haben, nämlich den Verzicht auf Rache und Vergeltung und den Willen, ein gemeinsames Europa zu schaffen: „Da war kein rührseliger Blick nach hinten, sondern das war ein entschlossener Blick nach vorne!“ Der Ministerpräsident lobte in diesem Zusammenhang die gute Idee des BdV-Landesvorsitzenden, künftig darüber nachzudenken, auch volksdeutsche Gruppen aus Ungarn und Russland  und anderen Herkunftsgebieten zum Brauchtumsnachmittag beim Hessentag einzuladen, um eine unmittelbare Begegnung der Menschen zu ermöglichen.

In seiner Festrede ging der Ministerpräsident schließlich auf die beiden 25-jährigen Patenschaften des Landes Hessen über die Landsmannschaft Weichsel-Warthe und die Deutsch-Baltische -Gesellschaft, sowie die 30-jährige Patenschaft über die Wolgadeutschen in diesem Jahr ein. Alle drei Jubiläen wolle die Hessische Landesregierung  am 2. Hessischen Gedenktag und Tag der Heimat am 13. September 2015 im Biebricher Schloss in besonderer Weise würdigen.

Landespreises „Flucht, Vertreibung, Eingliederung“

Nach der Festansprache des Ministerpräsidenten leitete Minister Stefan Grüttner zur dritten Verleihung des Landespreises „Flucht, Vertreibung, Eingliederung“ über – siehe gesonderte Pressemitteilung.

Musikalisch gestaltet wurde der Brauchtumsnachmittag von den Dörnberg-Musikanten.  Frauenchor und die Kindergruppe der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland aus Rotenburg sangen und spielten bekannte deutsche Volkslieder. Die BdV-Musikgruppe Biebesheim-Dornheim erfreute die Besucher mit Liedern aus dem Egerland, die Tanzgruppe der Siebenbürger-Sachsen aus Kassel führte alte Volkstänze vor. Der Männerchor 1862 e.V. Hofgeismar brachte weitere Lieder zu Gehör und begleitete mit seinen Stimmen das mit den Anwesenden gesungene Volkslied „Kein schöner Land“. Mit der gemeinsam gesungenen Deutschen Nationalhymne klang der gelungene Nachmittag aus.

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