Zufrieden blickten heute Vormittag die Partner des Hessischen Paktes für Ausbildung auf das Ausbildungsjahr 2009/2010 zurück. „Wir können feststellen, dass sich der Hessische Pakt für Ausbildung auch und gerade in der Krise als erfolgreiches Instrument erwiesen hat, um den jungen Menschen in Hessen eine Ausbildung zu ermöglichen“, legte der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier dar. Die Zahl der bei der Arbeitsverwaltung gemeldeten unversorgten Bewerber ist zum Stichtag 30. September 2010 im Vergleich zum Vorjahr erheblich zurückgegangen: von 1.152 im Ausbildungsjahr 2008/2009 auf 740 im Ausbildungsjahr 2009/2010. Bis zum Januar 2011 konnte die Zahl der unversorgten Bewerber/innen auf 386 verringert werden.

Diese Zahlen belegten eindrücklich, dass der Ausbildungspakt sein Ziel, genügend Ausbildungsplätze für alle Bewerber zur Verfügung zu stellen, erreicht habe, so der Ministerpräsident weiter. Dem Pakt gehören die Arbeitsgemeinschaft hessischer Industrie- und Handelskammern, die Arbeitsgemeinschaft Hessischer Handwerkskammern, die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände, der Verband Freier Berufe in Hessen, die Hessischen Kommunalen Spitzenverbände, die Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit sowie die Hessische Landesregierung an.

Im vergangenen Ausbildungsjahr sind zum Stichtag 30. September 2010 hessenweit insgesamt 40.234 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen worden. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies eine Zunahme von rund 800 Vertragsabschlüssen. „Die erfreuliche Abschlussbilanz weist aber bereits heute deutlich auf die demografischen Herausforderungen der nächsten Jahre hin“, betonte Bouffier. So blieben über 1.500 Lehrstellen, die den zuständigen Stellen gemeldet waren, unbesetzt. „Daher war die Schwerpunktsetzung des aktuellen Paktes für Ausbildung auf die Verbesserung der Ausbildungsreife der richtige Schritt. Wir wollen Jugendliche auf die Arbeitswelt von morgen so vorbereiten, dass diese Ausbildungsplätze mit geeigneten Bewerbern besetzt werden können.“

Im Berichtsjahr 2009/2010 waren zum Stichtag 30. September 2010 bei den hessischen Agenturen für Arbeit insgesamt 43.020 Bewerberinnen und Bewerber auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz gemeldet – 6,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Quote der Altbewerber an allen gemeldeten Bewerbern betrug 48,4 Prozent und stieg somit im Vergleich zum Vorjahr leicht an. Die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen kletterte ebenfalls um fast 5,0 Prozent auf 33.807.

Der Leiter der Regionaldirektion Hessen Dr. Frank Martin sieht alle Beteiligten vor weiteren Herausforderungen für die nächsten Jahre: „Der Ausgleich auf dem Ausbildungsmarkt wurde trotz des konjunkturellen Aufschwungs und der Tatsache, dass allen Jugendlichen ein Angebot unterbreitet wurde, noch nicht erreicht. Die Zahl der jungen Menschen in den Übergangssystemen ist bei gleichzeitig freien Lehrstellen noch zu hoch. Es bleibt für alle Paktpartner eine wichtige Aufgabe, so früh wie möglich Kinder und Jugendliche für all jene Ausbildungsberufe zu begeistern, bei denen ein Fachkräftebedarf besteht.“

Bilanzen und Ausblick der Paktpartner im Einzelnen

Die hessischen IHK-Unternehmen steigern seit Jahren ihre Ausbildungskapazitäten, um sich auf die demografische Entwicklung vorzubereiten. Fast zwei Drittel der jungen Auszubildenden lernen bei IHK-Unternehmen. Der Zuwachs von 1, 5 Prozent Erstverträgen in Hessen 2010 entspricht dem bundesweiten Trend in IHK-Berufen.

„Ich gehe davon aus, dass auch in diesem Jahr so viele Ausbildungsplätze angeboten werden, dass für jeden Bewerber mindestens ein Angebot gemacht werden kann. Allerdings benötigen unsere Unternehmen zupackende junge Menschen, die zumindest rechnen, lesen und schreiben können. Damit noch mehr ausbildungsreife junge Menschen für den Ausbildungsmarkt fit sind, unterstützen die hessischen IHKen die Berufsorientierung für Schüler, z.B. durch Feriencamps, Berufsorientierungs-Räume an Schulen und Bewerbungstrainings. Die IHKen rufen die jungen Menschen dazu auf, sich jetzt schon zu bewerben, da im Frühjahr die Auswahl an Berufen und Unternehmen besonders groß ist“, appellierte Dr. Matthias Müller, der Präsident der IHK Frankfurt und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft hessischer Industrie- und Handelskammern.

Mit seiner überdurchschnittlich hohen Ausbildungsquote – also das Verhältnis von Beschäftigten zu Lehrlingen – von rund 9 Prozent nimmt das hessische Handwerk **eine Spitzenposition ein. So konnte auch 2010 die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge um 4,6 Prozent gesteigert werden. „Allerdings blieben auch 2010 viele Ausbildungsstellen unbesetzt, was sich mittelfristig in einem Fachkräftemangel gerade in technikorientierten Handwerken niederschlagen wird“, so Bernhard Mundschenk von der **Arbeitsgemeinschaft der Hessischen Handwerkskammern. Aus diesem Grund wirbt das hessische Handwerk insbesondere in Haupt- und Realschulen mit einer hessischen Nachwuchskampagne für zukünftige Fachkräfte im Handwerk. Dabei bedient es sich modernster Kommunikationsmittel, wie Facebook und YouTube.

„Das nächste Ziel des hessischen Ausbildungspaktes ist die deutliche Reduzierung des Übergangssystems und eine Verbesserung des Übergangs von der Schule in den Beruf. Wir sollten nicht akzeptieren, dass einerseits Ausbildungsstellen unbesetzt bleiben, während andererseits Jugendliche in schulischen Maßnahmen ausgebildet werden, die keine direkte berufliche Perspektive bieten. Jugendliche, die eine betriebliche Ausbildung durchlaufen, sollten bei Eignung und entsprechenden Leistungen die gleichen Chancen auf einen Hochschulzugang haben wie Schüler an Gymnasien.“ sagte Professor Dieter Weidemann, Präsident der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU).

Der Verband Freier Berufe (VFBH) in Hessen hat für das Jahr 2010 nur einen minimalen Rückgang der Ausbildungsverträge von 1,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Betrachtet man die Ausbildungsplatzsituation allerdings langfristig, so kann festgestellt werden, dass zu den Jahren 2005 bis 2007 mit hoher Nachfrage nach Ausbildungsplätzen eine Verbesserung der Ausbildungsplatzsituation um 17,5 Prozent bei den Freien Berufen in Hessen stattgefunden hat. „Dies beweist, dass die kleinen und mittleren Unternehmen der Freiberufler ein starkes Engagement im Bereich der Ausbildung junger Menschen zeigen“, bilanzierte Dr. Giesbert Schulz-Freywald, Präsident des VFBH.

„Die Finanzlage der Städte und Gemeinden in Hessen ist zwar weiterhin angespannt; an unserer Überzeugung, dass all denjenigen Jugendlichen, die ausbildungswillig und –bereit sind, auch eine Chance zur beruflichen Ausbildung bekommen sollen, ändert das jedoch nichts“, so der Direktor des Hessischen Städtetages, Stephan Gieseler. Die Bilanz des Paktes sei schon jetzt erfolgreich, so Gieseler weiter. Städte und Gemeinden in Hessen hätten einen großen Beitrag zur Ausbildung von jungen Menschen erbracht, in dem sie Ausbildungskapazitäten in allen Berufsfeldern, welche im städtischen Bereich vorkommen, angeboten haben. „Dabei haben die kreisfreien Städte ihre Ausbildungsplatzzahlen wieder erheblich steigern können“, betonte Gieseler. Er regte darüber hinaus an, im Hinblick auf die Ausbildung junger Menschen mit besonderen Förderbedarfen die Erschließung neuer Qualifizierungsinstrumente im Rahmen von Maßnahmen nach dem SGB II zu prüfen.

Die 21 hessischen Landkreise haben zum Stichtag 30. September 2010 insgesamt 955 Ausbildungsplätze nach dem Berufsbildungsgesetz bereitgestellt, davon etwas mehr als die Hälfte in der Eigenverwaltung, den Rest in Eigenbetrieben und -gesellschaften. 101 junge Menschen werden zu Beamtinnen und Beamten ausgebildet sowie 318 in weiteren nachgefragten Berufsbildern, vor allem im gesundheitlichen Bereich. Diese Zahl von insgesamt 1.374 Menschen in Ausbildung belegt, dass es den hessischen Kreisen trotz anhaltender wirtschaftlich und finanziell angespannter gelungen ist, ihren Beitrag zur Ausbildung und Weiterqualifizierung junger Menschen annähernd auf dem sehr guten Vorjahresniveau zu leisten. Gleichzeitig beteiligen sich die Landkreise an vielfältigen beruflichen Orientierungs-, Qualifizierungs- und vorbereitenden Maßnahmen und fördern in 491 Fällen die berufliche Integration vor Ort. Hinzu kommt die Förderung von 579 Berufsausbildungsplätzen, von denen 18 voll- und der Rest teilfinanziert werden.

Sehr positiv ist zudem, dass in der aktuellen Bilanz zum Ausbildungsmarkt nun auch die guten Ergebnisse der hessischen Optionskommunen (12 Landkreise und die Landeshauptstadt Wiesbaden) abgebildet sind. Zum 31. Dezember 2010 waren lediglich noch 45 der bei den optierenden Kommunen gemeldeten 21.182 jungen Bewerberinnen und Bewerber für einen Ausbildungsplatz noch "unversorgt", das entspricht 0,2%. Die bereits sehr gute Vorjahresquote konnte damit noch weiter gesenkt werden.

Hierzu stellt der Geschäftsführende Direktor des Hessischen Landkreistages, Dr. Jan Hilligardt, zusammenfassend fest: "Die hessischen Landkreise tragen als Arbeitgeber, Ausbildungsbehörden sowie Förderer und Vermittler von Ausbildungsplätzen wesentlich zur Sicherung der Standortattraktivität in allen Regionen Hessens bei. Durch ihr Engagement bieten sie gerade auch im ländlichen Raum den jungen Menschen eine berufliche Zukunftsperspektive."

Das Land Hessen zieht ebenfalls eine positive Bilanz seiner Bestrebungen. Auch im Ausbildungsjahr 2010 wurde erfolgreich in der Landesverwaltung ausgebildet. Trotz schwieriger Bedingungen auf dem Ausbildungsmarkt ist es gelungen, 825 Auszubildende einzustellen. Die Einstellung weiterer Auszubildender scheiterte an Umständen, auf die das Land keinen Einfluss hatte; zum Teil fehlten geeignete Ausbildungssuchende, zum Teil gaben sie zugesagte Ausbildungsplätze kurzfristig zurück. Im Rahmen der Verbundausbildung wurden 78 neue Verbundauszubildende eingestellt, so dass der Verpflichtung aus dem Pakt, im Jahr 2010 erneut zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen, Rechnung getragen wurde. Diese Ausbildungsplätze, die im Verbund zwischen Landesdienststellen und der gewerblichen Wirtschaft bzw. Handwerksbetrieben realisiert werden, verschaffen den Jugendlichen eine auch außerhalb des öffentlichen Dienstes anerkannte Qualifikation und erleichtern damit den späteren Berufseinstieg. Im Bereich der sonstigen Berufe außerhalb des dualen Systems erfolgte eine erfreuliche Steigerung der Einstellungszahlen im Beamtenbereich. Hier erfolgten landesweit 1120 Einstellungen, dies stellt eine Steigerung der Einstellungszahlen um 3,13 Prozent gegenüber dem Vorjahr dar.

Das **Hessische Wirtschaftsministerium **setzte die Programme zur Förderung von betrieblichen Ausbildungsplätzen und zur Verbesserung des Ausbildungsumfeldes durch verschiedene Projekte fort. In verschiedenen Programmen wurden mit einem finanziellen Volumen von rund 18,3 Mio. Euro 1.604 Ausbildungsplätze gefördert. Den hessischen Unternehmen, Betrieben und Verwaltungen drohen mittelfristig Engpässe bei qualifizierten Fachkräften. Um dem entgegenzuwirken, sollen Angebote zur Nachqualifizierung von An- und Ungelernten verbessert werden. Dazu wurde im Auftrag des Hessischen Wirtschaftsministeriums eine Studie erarbeitet, die entsprechende Vorschläge und Handlungsfelder ausweist. Auf dieser Grundlage werden die hessischen Paktpartner im Frühsommer 2011 weitere Vereinbarungen treffen.

Weiterhin erfolgreich verlief auch die hessenweite Strategie OloV - Optimierung der lokalen Vermittlungsarbeit bei der Schaffung und Besetzung von Ausbildungsplätzen. Im Rahmen von OloV werden die erarbeiteten Qualitätsstandards zur Berufsorientierung und Ausbildungsvermittlung nicht nur fortgesetzt, sondern durch die Hinzunahme geeigneter Förderschulen und der Bearbeitung weiterer Qualitätsstandards erweitert und nachhaltig verankert. An OloV beteiligen sich alle 21 hessischen Landkreise, die fünf kreisfreien Städte und zwei Sonderstatusstädte.

Im Jahr 2010 förderte das Hessische Sozialministerium mit 14,2 Millionen Euro 702 Ausbildungsplätze für Benachteiligte (z.B. Alleinerziehende, Migranten, Lern- und Leistungsbeeinträchtigte, Ausbildungssuchende). Außerdem unterstützte das Hessische Sozialministerium im gleichen Jahr mit 12,3 Millionen Euro 2.004 Plätze zur Ausbildungsvorbereitung für Benachteiligte. Ab 2011 wird das HSM seine Verpflichtungen aus dem Ausbildungspakt vor allem über die „Ausbildungsbudgets“ erfüllen, die den Kreisen und kreisfreien Städten aus Landesmitteln zur Verfügung gestellt werden. Sie ermöglichen ihnen, ihre Kenntnis der konkreten Problemlagen und Bedarfe vor Ort für effiziente Hilfen zur Ausbildung und Ausbildungsvorbereitung Benachteiligter zu nutzen.

Das Hessische Kultusministerium berichtete, dass seit Ende 2009 im Zuge der landesweiten Strategie OloV an 120 hessischen Schulen das Kompetenzfeststellungsverfahren KomPo 7 zum ersten Mal durchgeführt wurde, nachdem die entsprechende Lehrkräfteschulung vorausgegangen war.

Das gemeinsame Projekt des hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, des Hessischen Kultusministeriums und der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit soll verstetigt werden, indem den Schulen auch für den zweiten und dritten Durchgang Unterstützung angeboten wird. Außerdem wurde eine Vereinbarung mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung getroffen, um die BMBF-Initiative „Abschluss und Anschluss – Bildungsketten bis zum Ausbildungsabschluss“ mit „KomPo7 - Konzeption zur nachhaltigen Umsetzung des Kompetenzfeststellungsverfahrens KomPo7 an hessischen Schulen zu verzahnen. Der Bund unterstützt im Rahmen der Projektförderung die durchführende Stelle der KomPo7–Maßnahme bei der beschleunigten Einführung von KomPo7 vor den Berufsorientierungsmaßnahmen BOP bis 2013. Die angewendeten OloV-Qualitätsstandards, auf denen die Kompetenzfeststellung gründet, entsprechen den Qualitätsstandards des BMBF für Potenzialanalysen.

Zum Schuljahresbeginn 2010/11 ist das Gütesiegels für vorbildliche Berufsorientierung in Hessen eingeführt worden. Die Gütesiegel-Verleihung an Schulen wird auch dazu beitragen, die Ausbildungsreife der Schulabgänger zu verbessern, da die Schulen ausgezeichnet werden sollen, die dieses Ziel besonders verfolgen. Ein Zentrales Projektbüro hat die Ablauforganisation der Gütesiegel-Verleihung von der Vorprüfung der Bewerbungsunterlagen über die Organisation der Audit-Termine bis zur Organisation von Veranstaltungen übernommen. Das Gütesiegel soll im September 2011 zum ersten Mal verliehen werden und hat eine Gültigkeit von drei Jahren.

Den Hessischen Pakt für Ausbildung für die Jahre 2010 bis 2012 finden Sie hier als PDF zum Download.

Fotos: E.Blatt (Hessische Staatskanzlei)

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