Im Interview mit dem Bayernkurier spricht der Landesvorsitzende der CDU Hessen, Ministerpräsident Volker Bouffier, über das Erfolgs- und Chanceland Hessen sowie über die bevorstehende Landtags- und Bundestagswahl am 22. September. Lesen Sie hier das vollständige Gespräch:

Bayernkurier: Seit 1999 erlebt Hessen unter der CDU eine ungewöhnliche Phase der Stabilität – wenn man noch das frühere Schlagwort von „hessischen Verhältnissen“ im Gedächtnis hat, was ja im Grunde SPD-verschuldete Unregierbarkeit bedeutete. Was hat die CDU grundsätzlich anders gemacht als die Vorgängerregierungen?

Volker Bouffier: Wir haben in Hessen ein Klima der Verantwortung und der Chancenvielfalt geschaffen. Die Menschen bekommen die Möglichkeit, ihr Leben nach ihren Vorstellungen zu organisieren. Rot-Grüne Politik ist von Bevormundung und Gängelei geprägt. Man muss den Menschen etwas zutrauen und das haben wir getan. Hessen geht es so gut wie noch nie. Und das ist vor allem auch dem Einsatz der hessischen Bürger zu verdanken. Wir haben in Hessen eine ganze Menge an Leistungsträgern, und diese brauchen gute Rahmenbedingungen, die wir ihnen geschaffen haben. Hessen ist ein Chancenland. 96 Prozent der Menschen die in Hessen leben, fühlen sich hier wohl. Für uns gilt es, Chancen für alle zu schaffen, keinen Zwang. Zuversicht, Mut sowie Verlässlichkeit statt Risiko stehen für uns im Mittelpunkt, nicht Schlechtreden und das Schüren von Ängsten. Wir führen unsere Gesellschaft zusammen. Die Opposition versucht permanent, Keile zu treiben.

Bayernkurier: Seit November 2010 sind Sie Ministerpräsident, als Nachfolger von Roland Koch. Wie sieht Ihre Leistungsbilanz aus, womit treten Sie vor den Wähler?

Volker Bouffier: Hessen ist erfolgreicher denn je. Wir haben so viele sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze wie noch nie, es gibt mehr Ausbildungsplätze als Bewerber, und die Arbeitnehmer bei uns verdienen 14 Prozent mehr als im Bundesschnitt. Und noch nie gab es so viele Lehrer und so viel Unterricht wie heute, und das bei stetig sinkenden Schülerzahlen. Außerdem ist Hessen eines der sichersten Bundesländer. Die hessische Polizei ist die mit am besten ausgestattete, am besten ausgebildete und bestbezahlte Polizei. Die Aufklärungsquote ist mit knapp 60 Prozent auf einem neuen Höchststand, und die Straftaten sinken. Mit einem bundesweit einmaligen Energiegipfel haben wir die richtigen Weichen gestellt. Unser Ziel ist es, saubere, sichere und bezahlbare Energie bereitzustellen – dazu haben wir ein Energiezukunftsgesetz beschlossen.

Bayernkurier: Allein für Erfolge in der Vergangenheit gibt allerdings weder die Börse noch der Wähler etwas. Wie schauen Ihre Pläne für die Zukunft aus?

**Volker Bouffier: **Wir haben die Ideen, den Mut und die Kraft, diese hessische Erfolgsgeschichte fortzuschreiben und unser Land in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Bei unserem Parteitag haben wir ein Zukunftsprogramm vorgestellt. Darin präsentieren wir unsere Ideen für Hessen. Bei der Erstellung des Programms sind wir bewusst neue Wege gegangen. Über Mitdenkforen und Denkanstöße konnten sich alle Bürger am Programmprozess beteiligen. Über 1000 Denkanstöße wurden diskutiert, und über 100 haben es sogar in unser Programm geschafft. Das zeigt, dass wir die Bürger mitnehmen und ihre Meinung hören wollen. Das ist ein völlig neuer Weg und zeigt die CDU als modernste Partei Hessens. Unsere Zukunftsideen sehen beispielsweise die Verankerung ehrenamtlichen Engagements in der hessischen Verfassung vor – oder auch einen „Pakt für den Nachmittag“, also eine Betreuung von Kindern bis 12 Jahre bis um 16.00 Uhr.

**Bayernkurier: **Das wirtschaftlich starke Hessen ist ja neben Bayern eines von nur noch drei Geberländern im Länderfinanzausgleich. Der hat sich über die Jahre zu einer wahren Leistungs-Bestrafungsmaschine entwickelt. Länder, die Geld verschwenden und/oder sich arm rechnen, lachen sich ins Fäustchen, während solide wirtschaftende Länder die Party zahlen müssen. Wie könnte eine gerechte Neuregelung des Mechanismus ausschauen?

Volker Bouffier: Schon die Tatsache, dass es nur noch drei Geberländer gibt, zeigt die Ungerechtigkeit des Systems. Daher haben wir uns gemeinsam mit Bayern entschieden, beim Bundesverfassungsgericht Klage gegen den Länderfinanzausgleich ein­zureichen. Wir werden uns auch weiterhin solidarisch zeigen. Aber dazu muss der Länderfinanzausgleich gerechter werden und Leistungsanreize bieten. Mit der Verankerung der Schuldenbremse in der hessi­schen Verfassung haben wir einen strikten Sparkurs auf den Weg gebracht. Diesen können wir auch einhalten. Wir sehen es aber nicht ein, auch noch die Schulden der anderen zu finanzieren. Sollte die Klage gegen den Länderfinanzausgleich erfolgreich sein, werden wir auch den hessischen Eltern den regulären Kindergartenbesuch kostenfrei anbieten. Das ist aber nur möglich, wenn wir die Mittel aus dem Länderfinanzausgleich erhalten.

Bayernkurier: Die Landtagswahl in Hessen findet am 22. September statt, gleichzeitig mit der Bundestagswahl. Erhoffen Sie sich mit diesem Wahltermin eine höhere Wahlbeteiligung? Und müssen Sie nicht umgekehrt befürchten, dass die Hessen-Wahl im Schatten des Bundes steht?

Volker Bouffier: Ich glaube nicht, dass wir im Schatten der Bundestagswahl stehen. Die Menschen in Hessen wissen sehr wohl, ob sie ihr Kreuzchen für die Bundes- oder die Landtagswahl machen. Gleichzeitig haben wir noch einige Bürgermeisterwahlen. Mit dem gemeinsamen Termin schaffen wir alle Voraussetzungen für eine möglichst hohe Wahlbeteiligung. Denn uns ist wichtig, dass sich möglichst viele Bürger an der Wahl zum hessischen Landtag beteiligen. Wahlen sind die Basis unserer Demokratie, und je stärker die Beteiligung ist, desto besser. Natürlich werden wir auch hessische Akzente setzen. Beispielsweise die Konsequenzen aus der Klage gegen den Länderfinanzausgleich. Oder in der Schulpolitik der Erhalt der Schulvielfalt statt der Einheitsschule. Das sind nur zwei Themen, die die Hessen direkt betreffen und über die sie entscheiden können. Hessen ist ein Chancenland – und das soll es auch nach dem 22. September bleiben.

Das Gespräch führten Peter Hausmann und Wolfram Göll.

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