Mit der Wilhelm Leuschner-Medaille ehrt der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier in diesem Jahr drei Persönlichkeiten: Ausgezeichnet werden Professor Raphael Gross, Direktor des Fritz Bauer Instituts und des Jüdischen Museums in Frankfurt am Main, sowie der Direktor des Deutschen Polen-Instituts, Professor Dr. Dieter Bingen und Professor Dr. Harald Müller von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung. „Die höchste Auszeichnung unseres Landes geht in diesem Jahr an drei herausragende Geisteswissenschaftler. Sie sind Aufklärer, die mit ihrer Arbeit das Fundament für eine pluralistische und tolerante Gesellschaft legen. Damit leisten sie unserer Demokratie einen unbezahlbaren Dienst“, so der Ministerpräsident.

 

Ministerpräsident Volker Bouffier verleiht die nach dem 1944 ermordeten hessischen Innenminister und Widerstandskämpfer Wilhelm Leuschner benannte Auszeichnung am 1. Dezember, dem hessischen Verfassungstag. Die Medaille wurde 1964 vom damaligen Ministerpräsident Georg August Zinn gestiftet und wird seit 1965 verliehen. Sie geht an Persönlichkeiten, die sich beispielhaft und nachhaltig für die Demokratie eingesetzt haben und unseren Staat, unsere Gesellschaft und unsere Kultur in vorbildlicher Weise geprägt haben.

 

Professor Dr. Raphael Gross

Raphael Gross wurde 1966 in Zürich geboren. In den Jahren 1986 bis 1990 studierte er Geschichte an den Universitäten von Zürich, Berlin, Bielefeld und in Cambridge/UK. Danach war er Research Fellow am Franz Rosenzweig Institut der Hebräischen Universität Jerusalem und Stipendiat am Hamburger Institut für Sozialforschung. Es folgte der Abschluss der Promotion in Essen im Mai 1997 mit der Arbeit „Carl Schmitt und die Juden. Strukturen einer deutschen Rechtslehre“.

Von 1997 bis 2001 war Gross wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte der Ruhr-Universität Bochum. In den Jahren 2001 bis 2006 lehrte er an der der University of Sussex, zuletzt als Reader in History und Direktor des Center for German-Jewish Studies. Seit Januar 2001 ist Gross Direktor des Leo Baeck Institute London, dessen Auftrag es ist, die Geschichte und die Kultur der deutschsprechenden Juden zu erforschen.

Im Februar 2006 übernahm Gross eine weitere Stelle als Direktor des Jüdischen Museums in Frankfurt am Main und seit April 2007 eine dritte Leitungsstelle als Direktor des Fritz Bauer Instituts, einer Forschungs-, Dokumentations- und Bildungseinrichtung zur Geschichte der nationalsozialistischen Massenverbrechen und deren Wirkung bis in die Gegenwart. Es hat seinen Sitz im IG Farben-Haus auf dem Campus Westend der Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Raphael Gross ist Honorarprofessor an der Goethe-Universität sowie Reader im Fach Geschichte am Queen Mary College (University of London). Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Publikationen zur deutschen Geschichte, Intellectual History und zur deutsch-jüdischen Geschichte. Zu seinen jüngsten Veröffentlichungen gehören: November 1938: Die Katastrophe vor der Katastrophe, München 2013 (C.H. Beck); 1938: Kunst – Künstler – Politik, (hrsg. zus. mit Eva Atlan und Julia Voss), Göttingen 2013 (Wallstein); Anständig geblieben. Nationalsozialistische Moral, Frankfurt am Main 2010 (S. Fischer); Die Frankfurter Schule und Frankfurt. Eine Rückkehr nach Deutschland (hrsg. zus. mit Monika Boll), Göttingen 2009. Seit 2001 ist Gross Mitherausgeber des Leo Baeck Institute Year Book.

 

 

Professor Dr. Harald Müller

Harald Müller wurde 1949 in Frankfurt am Main geboren. 1967 nahm er das Studium der Germanistik, Soziologie, Philosophie und Politikwissenschaften an der Goethe-Universität Frankfurt am Main auf und legte 1975 sein Erstes Staatsexamen ab. Seit 1976 ist er Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) mit Sitz in Frankfurt am Main. 1981 folgte der Abschluss der Promotion an der Goethe-Universität.

Seit dem Jahr 1984 ist Müller Gastprofessor am Center for International Relations der Johns Hopkins University, Bologna/Italien. In den Jahren von 1984 bis 1986 war er Abteilungsleiter für Sicherheitspolitik am Centre for European Policy Studies, Brüssel. Im Jahr 1994 folgte die Habilitation in Politikwissenschaften an der Technischen Hochschule Darmstadt und eine sich anschließende vierjährige Tätigkeit als Privatdozent an der Universität Darmstadt.

Seit dem Jahr 1995 ist Müller Forschungsgruppenleiter und Vorstandsmitglied der HSFK. Ein Jahr später wurde er Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der HSFK. Seit 1999 lehrt Müller als Professor für Internationale Beziehungen an der Goethe-Universität. Gastprofessuren absolvierte er an der Hebrew University Jerusalem (2010) und Sciences Politiques Paris (2013). Darüber hinaus war und ist er Mitglied in zahlreichen Vereinigungen und Organisationen:

  • 1991 bis 1993 Mitglied des Vorstands der Sektion "Internationale Beziehungen" der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft

Seit 1994 Mitherausgeber der Zeitschrift für internationale Beziehungen (ZIB); 2002 bis 2004 geschäftsführender Mitherausgeber

1995, 2000, 2005 und 2010  Mitglied der deutschen Delegation bei der Überprüfungs- und Verlängerungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages

1998 bis 2001 Mitglied im Kuratorium der Alfred Herrhausen Gesellschaft für internationalen Dialog

1999 bis 2005 Mitglied des Beratungsausschusses zu Abrüstungsfragen des General­sekretärs der Vereinten Nationen (2004 Vorsitzender)

Seit 1999 Co-Vorsitzender des Arbeitskreises "Friedens- und Konfliktforschung" beim Planungsstab des Auswärtigen Amtes

1999 bis 2000 Mitglied der Wehrstrukturkommission der Bundesregierung

2000 bis 2006 Mitglied im Beirat der Bundesakademie für Sicherheitspolitik

2001 bis 2011 Mitglied im Stiftungsrat der Deutschen Stiftung Friedensforschung

2004 bis 2005 Mitglied der Expertengruppe “Multilateralisierung des Brennstoffkreislaufs“ der Internationalen Atom-Energie-Organisation (Wien)

Seit 2007 Direktoriumsmitglied des Exzellenzclusters der Goethe-Universität Frankfurt am Main "Die Herausbildung normativer Ordnungen"

Seit 2011 Vizepräsident des „EU Consortium for Non-Proliferation“

 

Professor Dr. Dieter Bingen

Dieter Bingen wurde 1952 in Köln geboren. Von 1973 bis 1978 studierte er Politische Wissenschaft, Verfassungs-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Sozio­logie und Erziehungswissenschaft an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Univer­sität Bonn. Im Jahr 1977 absolvierte Bingen einen Forschungsaufenthalt in Warschau und Posen. Zwei Jahre später promovierte er an der Universität Bonn. Danach war er von 1981 bis 1999 als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien (Forschungsbereich II: Ostmittel- und Südosteuropa) in Köln tätig. Parallel hatte er von 1984 bis 1994 eine Lehrbeauftragung für Politische Wissenschaft an der Universität Bonn inne. Er  war 1988 Mitgründer der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Bonn e.V., und deren erstes geschäftsführendes Vorstandsmitglied. Darüber hinaus war Bingen Mitglied der deutschen Delegation auf dem CSCE Implementation Meeting on Human Dimension Issues, Warschau im Jahr 1993. Seit März 1999 ist er Direktor des Deutschen Polen-Instituts (DPI) mit Sitz in Darmstadt.

Zudem ist Prof. Dr. Dieter Bingen seit 2004 Honorarprofessor für das Gebiet „Kultureller Wandel und gesellschaftliche Transformationsprozesse in Europa“ an der Hochschule Zittau/Görlitz und seit 2012 Gastprofessor für Politikwissenschaft an der Technischen Universität Darmstadt. Seine Forschungsschwerpunkte sind polnische Zeitgeschichte und Politik, das Politische System Polens, Religion und Kirche in Polen nach 1945, Polnische Außen- und Sicherheitspolitik, Politische Systeme und Systemtransformation in Ostmittel- und Südosteuropa sowie deutsch-polnische Beziehungen und Integrationspolitik in Europa. Er ist Herausgeber der Reihe „Denken und Wissen. Eine Polnische Bibliothek“ im Suhrkamp Verlag,  Frankfurt/Main, und Gründer (gemeinsam mit Kazimierz Wóycicki) des deutsch-polnischen Gesprächskreises „Kopernikus-Gruppe“.

Bingen ist Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats des Instituts für Kulturelle Infrastruktur Sachsen (seit 2003) und Kurator des Willy-Brandt-Zentrums für Deutschland- und Europastudien der Universität Breslau. Weitere Mitgliedschaften (Auswahl):

Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste, Salzburg, Mitglied der Gesellschaft des Instituts für Mittel-Osteuropa, Lublin; Mitglied der Jury des Deutsch-Polnischen Preises, Mitglied des Kuratoriums des Förderkreises der Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder), Mitglied des Kuratoriums der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Bundesverband e.V., Mitglied der Societas Jablonoviana, Leipzig.

Ehrungen: 2006 erhielt Bingen das Diplom des Außenministers der Republik Polen „für herausragende Verdienste um die Promotion Polens in der Welt“. Im Oktober 2013 wurde er von Bundespräsident Gauck mit dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.


Weitere Informationen zur Wilhelm-Leuschner-Medaille und ihren bisherigen Trägerinnen und Trägern finden Sie hier.

Foto: Hessische Staatskanzlei

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