Der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier hat heute die frühere Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt am Main, Petra Roth, die ehemalige hessische Staatsministerin für Frauen, Arbeit und Sozialordnung, Barbara Stolterfoht, sowie den hessischen Staatsminister a.D. für Wirtschaft und Technik, Klaus-Jürgen Hoffie, mit der Wilhelm Leuschner-Medaille ausgezeichnet. „Es ist mir eine besondere Ehre und Freude, heute drei Persönlichkeiten zu würdigen, die Verantwortung für unser Land übernommen und so unser Gemeinwesen entscheidend mitgeprägt haben“, sagte der Ministerpräsident im Rahmen einer Feierstunde im Wiesbadener Schloss Biebrich. Die Lebensleistungen von Petra Roth, Barbara Stolterfoht und Klaus-Jürgen Hoffie stünden für Eigenschaften wie Mut, Tatkraft und den couragierten Einsatz für unsere Demokratie, so Bouffier weiter.

Die höchste Auszeichnung des Landes Hessen wird seit 1965 vom Hessischen Ministerpräsidenten verliehen und traditionell am 1. Dezember, dem hessischen Verfassungstag, überreicht. Unter den Preisträgern befinden sich Persönlichkeiten wie Prof. Dr. Dr. Konrad Zuse (1987), Marcel Reich-Ranicki (1992) und Jutta Fleck (2007). Mit der Medaille wird der Einsatz für Freiheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit von Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft gewürdigt.

„Petra Roth, Barbara Stolterfoht und Klaus-Jürgen Hoffie haben sich zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger eingesetzt. Drei unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen politischen Hintergründen, geeint durch den festen Willen, etwas in unserer Gesellschaft zu bewegen. Ihr vorbildliches Engagement soll in diesem Jahr mit der Wilhelm Leuschner-Medaille gewürdigt werden“, führte der Ministerpräsident aus.

Der frühere hessische Innenminister Wilhelm Leuschner (1890 – 1944) zählt zu den bekanntesten und wichtigsten Persönlichkeiten des deutschen Widerstandes gegen den Nationalsozialismus.

Petra Roth war von 1995 bis 2012 Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt am Main. „Sie haben maßgeblichen Anteil daran, dass Frankfurt eine weltoffene Metropole in der Mitte unseres Landes ist. Denn Politik war und ist Ihre Berufung, die Sie weiterhin mit großer Leidenschaft ausüben“, sagte der Ministerpräsident.

Vor vier Jahrzehnten trat die in Bremen geborene Mutter zweier Söhne in die CDU ein. Nach dem Umzug nach Frankfurt amtierte sie als Sozialbezirksvorsteherin und wurde Mitglied und später auch Vorsteherin der Stadtverordnetenversammlung. Von 1987 bis 1995 war Petra Roth Mitglied des Hessischen Landtags und hatte von 1992 bis 1995 den Parteivorsitz der Frankfurter CDU inne. 1995 wurde sie als erste Frau zum Stadt¬oberhaupt von Frankfurt am Main gewählt und in den Jahren 2001 und 2007 im Amt bestätigt. Am 1. November 2011 kündigte Petra Roth ihren Rücktritt als Frankfurter Oberbürger¬meisterin zum 1. Juli 2012 an.

„Sie waren und Sie sind das Gesicht Frankfurts – und Sie waren das Gesicht der deutschen Kommunen in Ihrer Funktion als langjährige Präsidentin des Deutschen Städtetags“, so Bouffier weiter. Dieses Amt hatte Petra Roth in den Jahren von 1997 bis 1999, 2003 bis 2005 und 2009 bis 2011 inne. Zudem war sie Mitglied im Ausschuss der Regionen der Europäischen Union. Darüber hinaus saß die gelernte Arzthelferin im Aufsichtsrat des Flughafenbetreibers Fraport und amtierte als Aufsichtsratsvorsitzende der Mainova AG, der Messe Frankfurt, der Stadtwerke Frankfurt am Main, des Rhein-Main-Verkehrsverbundes der Thüga Holding GmbH & Co. KG KGaA sowie des Wohnungs- und Immobilienkonzerns ABG Frankfurt Holding.

„Ein Land ist nur so stark wie seine Kommunen: Das zeigt das Handeln von Petra Roth. Für dieses unermüdliche Starkmachen der kommunalen Ebene, gewissermaßen der kleinste Parzelle unserer Demokratie, gebührt Ihnen Dank und Anerkennung“, betonte der Ministerpräsident.

Barbara Stolterfoht war von 1995 bis 1999 Staatsministerin im Hessischen Ministerium für Frauen, Arbeit und Sozialordnung. „Dass die Sozialpolitik Ihre Berufung ist, haben Sie schon als junge Frau entdeckt. Sie kennen die Herausforderungen und Erfordernisse ganz genau, denn Sie haben als Kindergärtnerin gearbeitet, bis mit dem Abitur und dem Studium der Sozial- und Politikwissenschaften sozusagen der theoretische Überbau hinzukam“, erläuterte Bouffier.

Von 1984 bis 1985 war Stolterfoht die erste kommunale Frauen¬beauftragte in Kassel. In den Jahren 1985 bis 1991 agierte sie als haupt¬amtliche Stadträtin für Frauen, Gesundheit und Soziales. Ab 1991 amtierte sie als Landesdirektorin des Landeswohlfahrtsverbands Hessen.

Im Frühjahr 1995 berief der damalige Ministerpräsident Hans Eichel Barbara Stolterfoht zur Staatsministerin im Hessischen Ministerium für Frauen, Arbeit und Sozialordnung. „Vieles von dem, was Sie damals angestoßen und gefordert haben, beschäftigt uns noch heute: Von der Frauenquote über den Kampf für die Integration von Menschen mit Behinderungen bis zu einem alternativen Rentenfinanzierungssystem reichte Ihre Agenda“, so Bouffier weiter. Das Ministeramt übte Stolterfoht bis 1999 aus. Im Anschluss war sie bis zum Ende der Legislaturperiode 2003 Mitglied des Hessischen Landtags und zwei Jahre stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion.

Von 2000 bis 2007 amtierte Barbara Stolterfoht als Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. In dieser Eigenschaft war sie Mitglied der Regierungskommission zur Sicherung der Nachhaltigkeit in der Finanzierung der Sozialen Sicherungssysteme (sog. Rürup-Kommission). „Hier haben Sie Ihr Engagement für Gleichheit und Solidarität fortgesetzt“, sagte der Ministerpräsident. Von 2005 bis 2007 war Stolterfoht Präsidentin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW). Derzeit ist sie ehrenamtliche Vorsitzende des Beirats von Transparency International.

„Sie haben in Ihrem Leben deutlich gemacht, dass Sozialpolitik nicht das Verteilen von Wohltaten ist. Vielmehr geht es darum, die aktive Teilhabe benachteiligter Menschen zu fördern und einzufordern“, so Bouffier, und betonte: „Ihr Engagement ist der beste Beweis dafür, dass Politik im Wettstreit, also in der Debatte um den richtigen Weg, besteht. Dass Ihre Haltung dabei immer den Menschen in den Mittelpunkt stellte, ist Ihr Verdienst um die Demokratie.“

Klaus-Jürgen Hoffie war in den Jahren 1981 und 1982 Staatsminister im Hessischen Ministerium für Wirtschaft und Technik. Nach dem Abitur studierte Hoffie Germanistik, Sport und Politikwissenschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Nachfolgend machte er eine Ausbildung zum Nachrichtenredakteur bei der Deutschen Presse Agentur (dpa) und arbeitete vor 1961 bis 1972 als Public Relations Manager bei der Deutschen Lufthansa AG. Zudem war Klaus-Jürgen Hoffie von 1970 bis 1977 nebenberuflich als Lehrbeauftrag¬ter für Public Relations an der heutigen Technischen Universität Darmstadt tätig.

1968 trat Klaus-Jürgen Hoffie in die FDP ein. 1972 wurde er in den Kreistag von Darmstadt-Land bzw. nach der Gebietsreform des Landkreises Darmstadt-Dieburg gewählt. 1970 bis 1977 amtierte der heute 76-Jährige als Kreisvorsitzender der FDP im Landkreis Darmstadt-Land bzw. Darmstadt-Dieburg. 1971 bis 2005 war er Mitglied im Landesvorstand der FDP Hessen. 1982 bis 1985 agierte der in Königsberg geborene Hoffie als stellvertretender Landesvorsitzender der FDP Hessen und war bis 2004 Vorsitzender des FDP-Bezirks Südhessen-Starkenburg.

Von 1972 bis 1981 und von 1983 bis 1987 war Hoffie Mitglied des Deutschen Bundestags und dort zunächst forschungspolitischer Sprecher und später verkehrs- und postpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Vom 22. Juni 1981 bis 28. September 1982 war er Staatsminister im Hessischen Ministerium für Wirtschaft und Technik als Nachfolger des am 11. Mai 1981 ermordeten Heinz Herbert Karry (FDP).

„Bereits während Ihrer Zeit bei der Deutschen Lufthansa AG wurden Sie als ‚trouble shooter‘ charakterisiert, der auch in schwierigen Situationen einen ruhigen Kopf behält. Dies sollte sich auch während Ihres Einsatzes für das Land Hessen bewahrheiten, denn Ihre Amtszeit als Wirtschaftsminister währte nur 15 Monate – aber in sehr bewegten Zeiten“, sagte Bouffier und führte weiter aus: „Wir ehren Sie heute mit der Wilhelm Leuschner-Medaille, weil Sie in schwerer Zeit mit einem pragmatischen und selbstbewussten Politikstil ein klares Bekenntnis zum Fortschritt und zum Wandel in Hessen abgelegt haben“, erklärte der Ministerpräsident.

„Die heute Geehrten stehen für den Satz: Einheit und Zusammenhalt lässt sich nicht von einer Verfassung verordnen. Demokratie lebt nicht vom Buchstaben, sondern von Menschen, die Partei ergreifen für die gemeinsame Sache“, so der Hessische Ministerpräsident abschließend.

Fotos: S. Trapp (Hessische Staatskanzlei)

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