Ministerpräsident Volker Bouffier hat im Gespräch mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso vor Alleingängen bei einer Finanztransaktionssteuer gewarnt. Der Vorschlag der EU-Kommission zur Einführung der Steuer sei zwar zu begrüßen, sagte Bouffier nach dem Treffen am Dienstag in Brüssel. Allerdings müssten alle EU-Länder mitmachen - am besten auch die großen Industrie- und Schwellenländer (G20), so dass große Handelszentren wie USA und China mit an Bord seien. Das sei derzeit aber unrealistisch. „Die anderen werden da nicht mitmachen.“

Bouffier warnte vor Nachteilen der geplanten Steuer für den Finanzplatz Frankfurt. Es müsse alles getan werden, „dass wir nicht die Schäden haben auf der einen Seite und das Geschäft woanders gemacht wird.“ Sollte die Steuer kommen, müssten die Erträge in die nationalen Haushalte fließen - und nicht in den Haushalt der Europäischen Union, wie es die EU-Kommission fordere. „Die wirtschaftlichen Anstrengungen vor Ort müssen sich auch abbilden in den Einnahmen.“ 

Kritisch äußerte sich Bouffier über mögliche Eurobonds, also gemeinsame Anleihen der europäischen Länder. Solidarität zwischen den EU-Staaten sei zwar wichtig, aber hoch verschuldete Staaten müssten sich auch besonders anstrengen. „Deshalb habe ich meine Skepsis deutlich gemacht, was die klassischen Eurobonds angeht“, sagte der Ministerpräsident. Die EU-Kommission will am Mittwoch verschiedene Varianten zu Gemeinschaftsanleihen vorschlagen.

Dass die Europäische Zentralbank (EZB) Staatsanleihen aufkauft, ist in Bouffiers Augen kein Rechtsbruch. Bouffier sagte, es sei klar, dass die EZB ihre Unabhängigkeit wahren müsse - und das auch tue. „Was die Frage des Aufkaufs der Staatsanleihen angeht, ist die EZB nicht auf einem Gelände, das die Verträge nicht hergeben. Ich sehe dort keinen Rechtsvorstoß. Die zweite Frage ist, wie weit das geht.“

Im Gespräch mit Barroso ging es auch um die Privatisierung beim Bodenpersonal an deutschen Flughäfen. Bouffier warnte in diesem Zusammenhang vor Lohndumping. Wenn Deutschland mit Ländern mit „drastisch niedrigerem Lohnniveau“ konkurrieren müsse, „kommen wir in eine Spirale nach unten, die wir nicht wollen“, sagte Bouffier und betonte, dass der europäische Dienstleistungsmarkt zwar geöffnet werden müsse. Dies dürfe aber keine Nachteile für Arbeitnehmer haben. Er fürchte auch, dass Sicherheit und Service am Flughafen Schaden nehmen könnten. Die EU-Kommission wolle ihre Pläne noch einmal prüfen. Zurückgenommen werde der Vorschlag nach Einschätzung Bouffiers aber nicht.

Mit Material von dpa

Fotos: Horst Wagner (LV Hessen)

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