Der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier berichtet im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über seine Reise in die Vereinigten Staaten von Amerika und über seine erste Begegnung mit dem US-Präsidenten Barack Obama.

Lesen Sie hier das Interview:

**Frankfurter Allgemeine Zeitung: **Wie oft waren Sie schon in Amerika?

**Volker Bouffier: **Ungefähr zehn Mal.

Frankfurter Allgemeine Zeitung: In Hessen sind Sie die Nummer Eins, in Washington standen Sie hinter der Kanzlerin in der zweiten Reihe. Nur ungewohnt oder auch schmerzhaft?

**Volker Bouffier: **Überhaupt nicht schmerzhaft, die ganze Reise war für mich und alle Beteiligten einfach ein ganz großartiges Erlebnis, eine große Ehre für Deutschland und die Kanzlerin. Was der amerikanische Präsident an Wertschätzung gezeigt hat, übertraf jedes normale diplomatische Maß.

**Frankfurter Allgemeine Zeitung: **Hat Obama Sie beeindruckt?

**Volker Bouffier: **Absolut. Als er Dienstagabend im Rosengarten seine Rede hielt und sagte: „Once upon a time, there was a little girl named Angela behind the communist wall“, da war schon das Taschentuch gefragt.

**Frankfurter Allgemeine Zeitung: **Sie waren gerührt?

**Volker Bouffier: **Sehr gerührt.

**Frankfurter Allgemeine Zeitung: **Und die Kanzlerin?

**Volker Bouffier: **Auch.

**Frankfurter Allgemeine Zeitung: **Hatten Sie überhaupt Gelegenheit, ein paar Worte mit dem Präsidenten zu wechseln?

**Volker Bouffier: **Beim Defilee vor dem Präsidenten, vor Michelle Obama, Angela Merkel und ihrem Ehemann Professor Sauer ergab sich gegen jedes Protokoll ein Gespräch mit dem Präsidenten, weil die Kanzlerin ihm erklärte, wer ich sei. Und er fragte, was ein Ministerpräsident denn so zu tun habe. Das habe ich ihm versucht zu erklären. Er kannte auch Frankfurt und den Rhein und wollte wissen, wie lange ich noch gewählt sei. Aber dann kam ein Mann vom Protokoll mit vielen Orden und gab zu erkennen, dass das Defilee weitergehen müsse.

**Frankfurter Allgemeine Zeitung: **Hatten Sie denn Gelegenheit, eigene politische Gespräche zu führen?

**Volker Bouffier: **Selbstverständlich. Besonders interessant war ein Gespräch mit dem amerikanischen Finanzminister Geithner. Darin ging es um den geplanten Zusammenschluss der Deutschen Börse mit der New Yorker Börse. Er brachte zum Ausdruck, dass in den Vereinigten Staaten große Sorge darüber herrsche, dass eine uramerikanische Institution wie die Stock Exchange aus Frankfurt gelenkt werde. Deshalb müsse es eine Fusion auf Augenhöhe werden. Ich sagte ihm, dass es bei uns dieselbe Sorge in umgekehrte Richtung gebe. Wichtig war mir, dass der Finanzminister meinte, eine Fusion enthalte mehr Chancen als Risiken.

**Frankfurter Allgemeine Zeitung: **War auch die Verlegung des amerikanischen Hauptquartiers von Heidelberg nach Wiesbaden ein Thema?

Volker Bouffier: Ja, ich habe im Pentagon mit einem leitenden General darüber gesprochen, er war sehr zufrieden mit der bisherigen Zusammenarbeit. Er sieht aber für die Führungskräfte der Armee ein Problem in den teuren Wohnungen in Wiesbaden.

**Frankfurter Allgemeine Zeitung: **In der Delegation waren ja auch Klinsmann und Thomas Gottschalk. Hatten Sie Kontakt mit ihnen?

**Volker Bouffier: **Ja, mit Thomas Gottschalk, der sich in den USA ja sehr gut auskennt, habe ich umfassend die Unterschiede zwischen deutscher und amerikanischer Fernsehunterhaltung diskutiert. Jürgen Klinsmann habe ich nach dem Lebensgefühl in Kalifornien gefragt – dieser Bundesstaat ist ja praktisch finanziell am Ende. Aber Klinsmann sagte, die Menschen in Kalifornien würden die Lage relativ entspannt sehen.

**Frankfurter Allgemeine Zeitung: **Wie ist für Sie der politische Extrakt dieser Reise?

**Volker Bouffier: **Der amerikanische Präsident hat ein sehr klares Zeichen dafür gesetzt, dass ihm die Beziehung zu Deutschland besonders wichtig ist. Für mich persönlich war es interessant, in zahlreichen Gesprächen am Rande die Sorge zu registrieren, mit der in Amerika der deutsche Ausstieg aus der Atomenergie verfolgt wird.

Die Fragen stellte Peter Lückemeier.

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