Regierungserklärung des Hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier „Ländereinigung zur Neuregelung des LFA – großer Erfolg für Hessen und für Deutschland“ in der Plenarsitzung des Hessischen Landtages am 15. Dezember 2015 – Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, 

meine sehr geehrten Damen und Herren,

nach eineinhalb Jahren äußerst schwierigen Verhandlungen haben sich alle 16 deutschen Länder am 3. Dezember 2015 auf ein detailliertes Konzept für einen neuen bundesstaatlichen Finanzausgleich ab dem Jahr 2020 verständigt.

Das ist ein großer Erfolg für Hessen, aber auch für ganz Deutschland!

Wenn man die Ausgangslage, den Verlauf der bisherigen Verhandlungsrunden und die völlig unterschiedlichen Interessenlagen der Länder betrachtet, die unabhängig von Parteigrenzen verlaufen, dann kann man ohne Übertreibung sagen: Diese Verständigung unter den Ländern hat schon historische Dimension!

Was jetzt auf dem Tisch liegt, ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einem völlig neuen Finanzausgleich. Es ist ein eindrucksvoller Nachweis für die Handlungsfähigkeit unseres föderalen Staates auch in hoch komplizierten und streitbefangenen Fragestellungen. Und es verdeutlicht, dass sich die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder ihrer Gesamtverantwortung für das Gemeinwohl unseres Landes bewusst sind.

Für unser Land Hessen bedeutet diese Einigung, dass wir ab dem Jahr 2020 jährlich unsere finanzielle Grundlage um über eine halbe Milliarde Euro verbessern. Entsprechend der mittelfristigen Finanzplanung wird dies im Jahr 2020 rund 580 Millionen Euro ausmachen.

Die vorgesehene Entlastung ist ein großer Erfolg, der es uns perspektivisch ermöglicht, die Stärken unseres Landes zu erhalten und in die Zukunftsfähigkeit zu investieren. Die vereinbarte Neuordnung hilft uns aber nicht kurzfristig, da das neue System erst ab 2020 gelten soll. Deshalb muss der Weg zur Einhaltung der verfassungsrechtlich gebotenen Schuldenbremse konsequent weiter verfolgt werden.

Die Einigung der Länder ist ein starkes Signal an den Bund, in den kommenden Monaten die historische Chance zu ergreifen, einem Ergebnis zuzustimmen, das die verschiedensten Interessen aller berücksichtigt, das befriedenden Charakter hat, und das vor allem eines beweist: Solidarität unter den Ländern, zwischen den finanzstarken und den finanzschwachen, bleibt auch in Zukunft ein Markenkern unseres Föderalismus!

Aus hessischer Sicht füge ich hinzu: Als finanzstarkes Land und eines von drei Geberländern haben wir in den letzten Jahren nie einen Zweifel daran gelassen, dass wir zu unserer Verantwortung stehen, solidarisch gegenüber den finanzschwachen Ländern zu sein. Die Solidarität haben wir nie aufgekündigt. Sondern wir haben ausschließlich die Fortführung des bestehenden Ausgleichssystems über 2019 hinaus abgelehnt.

Die gemeinsame Klage von Bayern und Hessen vor dem Bundesverfassungsgericht war für uns ein Akt der politischen Notwehr gegen das anreizfeindliche und zutiefst ungerechte bestehende Finanzausgleichssystem. Und sie war richtig, weil sie maßgeblich zum jetzigen Länderkompromiss beigetragen hat. Sie hat – verstärkt durch die in den letzten Monaten erfolgte Ankündigung des baden-württembergischen Kollegen Kretschmann, sich ggf. der Klage anschließen zu wollen – den Verhandlungsweg erheblich unterstützt.

Die Ausgangslage für die Verhandlungen lässt sich wie folgt skizzieren:

Im Jahr 2020 laufen sowohl der bisherige Finanzausgleich als auch der Solidarpakt II aus. Bei einer Eigenfinanzierungsquote der neuen Länder von etwas über 50 Prozent ist ohne eine weitere bzw. neue Form der Finanzhilfen die Existenz dieser Länder nicht aufrecht zu erhalten.

Die Notlagenländer Saarland und Bremen können ohne dauerhafte zusätzliche finanzielle Mittel ihre Existenz nicht aufrechterhalten. Durch das Verfassungsgebot der Schuldenbremse ist es insbesondere in diesen beiden Ländern nicht mehr möglich, wie bisher durch ständig steigende Schulden einen Ausweg zu suchen.

Wenn man bedenkt, dass die wenigen Zahlerländer nicht noch stärker belastet, sondern im Gegenteil entlastet werden müssen, ist klar, dass eine Lösung ohne Hilfe des Bundes nicht möglich ist. Der Bund hat dies auch anerkannt und zu Beginn der Verhandlungen verbindlich zugesagt, dass eine Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen auch durch finanzielle Beteiligung des Bundes erfolgen soll. Die Verhandlungsführer der Länder und des Bundes haben sich deshalb darauf verständigt, dass die Mittel für die finanzielle Regelung aus einer Aufteilung des Solidaritätszuschlages, der bislang alleine dem Bund zusteht, zwischen Bund und Ländern fließen sollen.

Bei den Berechnungen sind wir davon ausgegangen, dass das Aufkommen aus dem Solidaritätszuschlag im Jahr 2020 circa 20 Milliarden Euro betragen wird. Bei einer hälftigen Aufteilung zwischen Bund und Ländern stünden dann circa zehn Milliarden Euro zur Lösung der wechselweisen Finanzbeziehungen zur Verfügung.

Zusätzlich musste berücksichtigt werden, dass die sogenannten Entflechtungsmittel, die der Bund den Ländern nach der Föderalismusreform zu zahlen hatte, ebenfalls im Jahr 2019 auslaufen und somit den Ländern dann weitere knapp drei Milliarden Euro fehlen würden. Deshalb musste im Rahmen der Gesamtlösung auch dieses Problem mitgeregelt werden.

Wenn man dann noch bedenkt, dass die Vorgabe für eine Einigung war, dass kein Land zukünftig schlechter stehen sollte und am Schluss alle 16 Länder zustimmen müssen, wird deutlich, dass die Aufgabe mehr als anspruchsvoll war.

Die hessische Landesregierung hat – ebenso wie andere – unter Hintanstellung manch eigener Interessen dem jetzt vorliegenden Beschlussvorschlag zugestimmt, weil wir zu einer Einigung bei der schwierigen Thematik der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen nur dann kommen, wenn Kompromissbereitschaft von allen Seiten besteht – innerhalb der Länder, aber auch auf Seiten des Bundes. Denn, meine Damen und Herren, wer nicht kompromissfähig ist, der ist nicht handlungsfähig. Und wer nicht handlungsfähig ist, der ist nicht politikfähig.

Meine Damen und Herren,

mit dem vorliegenden Länderkompromiss haben wir einen Meilenstein auf dem Weg zu einem neuen Finanzausgleich erreicht – ich sagte es bereits. Aber eine Einigung mit dem Bund steht noch aus. Und deshalb wird das Land Hessen seine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht auch so lange nicht zurückziehen, bis eine Einigung mit dem Bund erzielt und der Gesetzgebungsprozess abgeschlossen ist. Ohne ein Ergebnis, das eine grundlegende Abkehr vom bisherigen System des Finanzausgleichs beinhaltet und mit dem Hessen substanziell entlastet wird, haben wir keine Veranlassung, von unserer klaren, seit Jahren bestehenden Position Abstand zu nehmen!

Verlautbarungen, die bereits jetzt zum Zurückziehen der Klage Bayerns und Hessens beim Bundesverfassungsgericht aufrufen, schwächen deshalb die Position des Landes Hessen und sind der Sache nicht dienlich.

Meine Damen und Herren,

der Entscheidungsdruck für eine Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen war und ist auch nach der Ländereinigung hoch. Die drei Geberländer Baden-Württemberg, Bayern und Hessen haben bereits sehr früh unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie einer Fortführung der bestehenden Systematik des Finanzausgleichs über 2019 hinaus nicht zustimmen werden. Bei aller Bereitschaft zur Solidarität untereinander: Wir können unseren Bürgerinnen und Bürgern schlicht nicht mehr erklären, warum Jahr für Jahr ein erheblicher und zudem wachsender Betrag der Steuereinnahmen unseres Landes nicht zur Finanzierung hessischer Aufgaben zur Verfügung steht, sondern anderen Länderhaushalten zufließt.

Die Zahl der Geberländer wurde immer kleiner und die Summe des Finanzausgleichs immer größer. Aus sechs Zahlerländern wurden zuletzt drei, in der Regel sind es vier mit einem kleinen Beitrag Hamburgs.

Allein zwischen 2010 und 2014 sind die Zahlungen der Länder Baden-Württemberg, Bayern und Hessen in den Finanzausgleich unter den Ländern um fast zwei Milliarden Euro gestiegen – von rund sieben Milliarden Euro auf rund neun Milliarden Euro. Eine Steigerung um fast 30 Prozent in nur fünf Jahren. Meine Damen und Herren, ein solches Ausgleichssystem hat keine Zukunft!

Und es bleibt auch richtig, dass es nicht sein kann, dass das Land Berlin Milliarden von uns erhält, mit einem Federstrich sämtliche Kitaleistungen kostenlos bereitstellt und wir Zahlerländer zu Hause darum ringen, die Kosten für unsere Bürger im Zaum zu halten.

Wer das nicht ändert, legt die Axt an jede Bereitschaft zur weiteren Hilfe für finanzschwache Länder. Wir verkennen dabei nicht die zum Teil massiven, ganz unterschiedlich gelagerten Probleme in den Nehmerländern.

Ich hatte bereits auf das völlig unzureichende Steueraufkommen der ostdeutschen Länder hingewiesen. Eine weitgehend eigenständige Finanzierung der Länderaufgaben ist in diesen Ländern auf Jahrzehnte hinaus unrealistisch. Die demografische Entwicklung im Osten, die viel stärker als andere Landesteile von Bevölkerungsschwund geprägt ist, verschärft die Probleme, weil der Erhalt bestehender und notwendiger Strukturen von immer weniger Menschen finanziert werden muss. Deshalb steht für uns außer Frage: Die ostdeutschen Länder brauchen auch in Zukunft die Solidarität des Bundes und der Länder. Dass Hessen als starkes Land dazu seinen Beitrag leistet, steht außer Frage!

Ganz anders gelagerte Probleme haben die sogenannten Notlagen-Länder Saarland und Bremen. Die historisch bedingten strukturellen Lasten, die infolgedessen enorm hohe Verschuldung dieser Länder macht auch hier finanzielle Hilfen insbesondere des Bundes unumgänglich.

Und schließlich liegt das Steueraufkommen einiger westdeutscher Flächenländer, wie etwa Niedersachsen und Schleswig-Holstein, um bis zu 15 Prozent unter dem Durchschnitt aller Länder.

Kurzum, meine Damen und Herren, völlig unterschiedliche Probleme und zukünftige Herausforderungen in den meisten deutschen Ländern sind die Ursache dafür, dass eine Verständigung auf eine Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen so ungemein schwierig ist.

Hinzu kommt: Eine für alle Länder tragfähige Lösung kann gerade in Anbetracht stetig zunehmender staatlicher Anforderungen und der wachsenden Dimension der Aufgaben von Ländern und Kommunen nur mit dem Bund gemeinsam erfolgen. Dies gilt erst recht aufgrund der für die Länder im Vergleich mit dem Bund noch viel schärfer ausgestalteten Schuldenbremse.

Deshalb begrüße ich ausdrücklich die schon früh signalisierte Bereitschaft des Bundes, im Zuge der Neugestaltung der föderalen Finanzbeziehungen einen substanziellen finanziellen Beitrag zu leisten – mit dem Ziel eines gesunden und finanziell austarierten gesamtstaatlichen Gefüges, das nicht Einzelne überfordert und das allen Planungssicherheit gibt.

Mit dem nun vorliegenden, von allen Ländern mitgetragenen Vorschlag, auf den ich gleich näher eingehen werde, liegt ein Ergebnis auf dem Tisch, das nach meiner festen Überzeugung für alle, auch für den Bund, tragbar ist.

Ich halte es nicht nur für falsch, sondern für töricht, wenn jetzt von einigen Seiten beklagt wird, die Länder wollten sich auf Kosten des Bundes bereichern. Der Bund ist die Summe aller 16 Länder und der Bund muss ein vernünftiges Interesse daran haben, dass die Länder handlungsfähig bleiben.

Es geht deshalb nicht um die Länder und Kommunen auf der einen Seite und den Bund auf der anderen Seite. Es muss darum gehen, für das Ganze eine zukunftsfähige Lösung zu finden.

Und deshalb appelliere ich an Sie alle, verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete hier im Hessischen Landtag, aber auch an alle hessischen Mandatsträger im Deutschen Bundestag: Werben Sie für den Ländervorschlag! Setzen Sie sich dafür ein, dass auch der Bund im gesamtstaatlichen Interesse diesem ausgewogenen Vorschlag seine Zustimmung gibt.

Meine Damen und Herren,

die Einigung der Länder beruht auf einem Gesamtpaket, das für sich genommen erhebliche Zugeständnisse jedes einzelnen Landes beinhaltet. Das ist nun einmal das Wesen eines Kompromisses. Das heißt, die Einzelaspekte dieses Gesamtpaketes korrespondieren zwingend miteinander. Und deshalb will ich sehr deutlich machen: Das Herauslösen einzelner Positionen aus diesem Paket würde unmittelbar dazu führen, dass die Gesamtlösung wieder in Frage gestellt würde. Deshalb warne ich davor, eine Einigung dadurch zu gefährden, dass wir tragende Säulen aus dem Gesamtkonstrukt herausbrechen. 

Kernelement der Ländereinigung zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ab dem Jahr 2020 ist eine völlig neue Struktur des bisherigen komplizierten, intransparenten und mehrstufigen bundesstaatlichen Finanzausgleichs. Wir wollen den Umsatzsteuervorwegausgleich abschaffen und gleichzeitig den besonders umstrittenen und streitbefangenen Länderfinanzausgleich in die Umsatzsteuerverteilung integrieren. Letztlich sollen die Länder im gesamtstaatlichen Interesse ab dem Jahr 2020 zusätzliche Umsatzsteuerpunkte im Gesamtvolumen von gut vier Milliarden Euro erhalten. Darin enthalten sind die bisherigen Entflechtungsmittel.

Der Länderanteil an der Umsatzsteuer wird grundsätzlich nach Maßgabe der Einwohnerzahl verteilt, jedoch durch Zu- und Abschläge entsprechend der Finanzkraft modifiziert. Damit erfolgt ab 2020 ein Ausgleich der Finanzkraft im Wesentlichen bereits im Rahmen der Verteilung des Länderanteils an der Umsatzsteuer. Der Tarif zur Berechnung der Zu- und Abschlagsbeträge bei der Umsatzsteuerverteilung soll dabei linear gestaltet und auf 63 Prozent festgesetzt werden.

Dies, meine Damen und Herren, ist der neue und transparente horizontale Finanzausgleich zwischen den Ländern, der den bisherigen Umsatzsteuerausgleich und den LFA ersetzt. Hier ergibt sich insgesamt ein Umverteilungsvolumen in Höhe von rund 15,7 Milliarden Euro, das auch weiterhin ganz überwiegend von den bisherigen drei großen Zahlerländern getragen wird. In geringem Ausmaß auch von Hamburg und Nordrhein-Westfalen. Dies zeigt: Hessen steht auch weiterhin zu seiner solidarischen Verantwortung!

Die kommunale Finanzkraft soll ab 2020 zu 75 Prozent statt der bisherigen 64 Prozent berücksichtigt werden. Das ist in Anbetracht der finanzstarken hessischen Kommunen ein erhebliches Entgegenkommen Hessens.

Die Einwohnergewichtungen für die Stadtstaaten und die drei dünnbesiedelten ostdeutschen Länder bleiben unangetastet. Dies halte ich nach wie vor für wenig glücklich, aber im Interesse einer Einigung haben wir dies akzeptiert.

Die Einnahmen der Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein aus der Öl- und Gasförderung – die sog. Förderabgabe – werden zugunsten der beiden Länder nur zu 33 Prozent in deren Finanzkraft berücksichtigt.

Meine Damen und Herren,

neben dem über die Umsatzsteuer erfolgenden horizontalen Ausgleich sollen nach Vorstellung der Länder zwei weitere Grundpfeiler die neuen Bund-Länder-Finanzbeziehungen ausmachen:

  1. Ein vertikaler Ausgleich, der verschiedene Bundesergänzungszuweisungen (BEZ) vorsieht und zielgenauer die bisherigen BEZ umgestaltet.
  2. Weitere Reformelemente und ergänzende Hilfen, die spezifische Probleme einzelner Länder abfedern sollen.

Zu 1., den neuen BEZ:

Die Ausgleichsquote bei den allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen wird leicht erhöht. Allgemeine BEZ erhalten insbesondere die ostdeutschen Länder und Berlin (84 Prozent des Gesamtvolumens), aber auch die finanzschwächeren westdeutschen Länder Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Saarland und Bremen (16 Prozent).

Als Ersatz für die ab 2020 wegfallenden „SoBEZ teilungsbedingte Sonderlasten“ sollen neue Bundesergänzungszuweisungen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro insbesondere für die ostdeutschen Länder, aber auch für das Saarland zum Ausgleich ihrer weit unterproportionalen kommunalen Finanzkraft eingeführt werden. Diese Zuweisungen sollen nach übereinstimmender Auffassung der Länder verfassungsrechtlich abgesichert werden.

Zusätzlich sollen mit neuen BEZ für die Forschungsförderung die leistungsschwächeren Länder, insbesondere diejenigen, die von der Forschungsförderung des Bundes nur in geringem Ausmaß umfasst sind, unterstützt werden. Vor allem Niedersachsen und Rheinland-Pfalz sollen Profiteure dieser Forschungs-BEZ mit einem Gesamtvolumen von 181 Millionen Euro sein.

Meine Damen und Herren,

die SoBEZ für die neuen Länder enden 2019. Ich habe bereits auf die nach wie vor weit unterdurchschnittliche Finanzkraft der neuen Länder hingewiesen. Und deshalb ist es auch über das Jahr 2019 hinaus zwingend erforderlich, die Instrumente, die helfen, regionale Ungleichgewichte unter den Ländern auszutarieren, fortzuführen. Daher haben sich die Länder darauf verständigt, dass die SoBEZ für strukturelle Arbeitslosigkeit und die Kosten der politischen Führung – bei Erhöhung des Mittelvolumens für Brandenburg – sowie die Finanzhilfen zur Abgeltung der Hafenlasten auch weiterhin Bestandteil des Finanzausgleichssystems bleiben.

Zu 2., den weiteren Reformelementen des Ländervorschlags:

Die Mittel aus dem Bundesprogramm „Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz“ (GVFG), die Zuschüsse für den Straßen- und Schienenverkehr vorsehen, sollen über 2020 hinaus in unveränderter Höhe (333 Mio. Euro) auch weiterhin an die Länder fließen.

Und schließlich haben wir uns darauf verständigt, dass die Notlagen-Länder, Saarland und Bremen, ab 2020 pro Jahr Sanierungshilfen in Höhe von je 400 Millionen Euro erhalten sollen. Ohne eine substanzielle Unterstützung von außen werden diese beiden Länder dauerhaft keine Chance haben, die Finanzierung ihrer Aufgaben sicherzustellen und gleichzeitig von ihren enormen Schuldenbergen herunterzukommen.

Meine Damen und Herren,

mit diesem Gesamtpaket, auf das sich die Länder verständigt haben, werden alle Länder finanziell entlastet – die finanzstarken ebenso wie die finanzschwachen; die westdeutschen Flächenländer ebenso wie die ostdeutschen und die Stadtstaaten. Die ostdeutschen Länder erfahren pro Einwohner mit rund 190 Euro eine um mehr als das Doppelte höhere Entlastung als die westdeutschen Flächenländer. Die Entlastung Hessens in Höhe von rund 580 Millionen Euro entspricht einer Pro-Kopf-Entlastung von 95 Euro. Das ist nach Bayern und noch vor Baden-Württemberg der höchste pro Kopf-Betrag aller westdeutschen Flächenländer.

Das ist ein gutes Ergebnis für unser Land. Es ist ein großer Erfolg. Aber es zeigt auch: Wir haben uns für einen Kompromiss stark gemacht und auch eigene Interessen hintangestellt.

Meine Damen und Herren,

die Ländereinigung sieht vor, dass sich der Bund ab 2020 mit rund 9,6 Milliarden Euro an der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen beteiligt. Dass diese Einigung beim Bund zunächst einmal zu Zurückhaltung führt, kann ich verstehen, zumal die Verständigung zu diesem Zeitpunkt für viele überraschend kam.

Wer jedoch davon spricht – wie mancherorts zu lesen –, die Länder hätten sich auf Kosten des Bundes geeinigt, der hat ganz offensichtlich die Verhandlungen in den letzten Monaten nicht mitbekommen. Das von Bundesfinanzminister Schäuble und dem Hamburger Bürgermeister Scholz vor einigen Wochen vorgelegte Modell umfasste ein Volumen von zusätzlichen 8,5 Milliarden Euro vom Bund für den BLF. Dieser Vorschlag war die Grundlage für die jetzige Ländereinigung. Wenn jetzt von rund 9,6 Milliarden Euro die Rede ist, gehört es zur Redlichkeit zu sagen, dass die rund eine Milliarde Euro mehr keine zusätzliche Forderung der Länder ist. Die Berechnungsbasis des Bundes bezog sich auf das Jahr 2014, die der Länder auf das für das Inkrafttreten der neuen Regelungen maßgebliche Jahr 2020.

Hinzu kommt: Vergleicht man die Belastung des Bundeshaushaltes im Jahr 2019 unter Berücksichtigung der Entflechtungsmittel und des GVFG-Bundesprogramms in Höhe von insgesamt rund drei Milliarden Euro sowie hinsichtlich der Sonderbundes-ergänzungszuweisungen (SoBEZ) „Ost“ in Höhe von rund zwei Milliarden Euro, so ergeben sich für diese Positionen fünf Milliarden Euro Bundesbelastung.

Die Einigung der Länder führt ab 2020 für den Bund zu Belastungen von circa 9,6 Milliarden Euro. Das heißt, die Zusatzbelastung des Bundeshaushaltes beträgt ab dem Jahr 2020 gerade einmal netto rund 4,6 Milliarden Euro. Dies entspricht in etwa 25 Prozent des zu erwartenden Bundesaufkommens aus dem Soli im Jahr 2020 in Höhe von 20 Milliarden Euro.

Wer diese Fakten berücksichtigt, kann deshalb beim besten Willen nicht von einer Überforderung des Bundes sprechen.

Meine Damen und Herren,

der jetzt gefundene Kompromiss der Länder ist, davon bin ich überzeugt, eine sinnvolle und für alle – auch den Bund – akzeptable Lösung. Ich sehe nicht ansatzweise eine Chance zu besseren bzw. weitreichenderen Lösungen zu kommen, wie sie insbesondere auch in der eher akademischen Finanz- und Staatsrechtsdebatte gelegentlich verlangt werden. Nicht zuletzt im Hinblick auf die Vielzahl der vor uns liegenden Wahlen im Bund und in den Ländern muss jetzt gehandelt werden, will man nicht 2020 mit leeren Händen dastehen.

Ich werbe deshalb, wie alle meinen Kolleginnen und Kollegen Ministerpräsidenten, für die gefundene Lösung und bitte das ganze Haus auch und gerade im Interesse Hessens um engagierte Unterstützung.

Ich danke Ihnen.

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  • Regierungserklärung: Ländereinigung zur Neuregelung des LFA (PDF / 318 KB)

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