Ministerpräsident Volker Bouffier und der Minister für Justiz, Integration und Europa und Stellvertretende Ministerpräsident Jörg-Uwe Hahn zogen heute anlässlich der Kabinettsitzung in der Hessentagsstadt eine positive Zwischenbilanz des Hessentages. „Wetzlar hat seine Besucher mit offenen Armen empfangen, und die Hessen nehmen diese Gastfreundschaft gerne an: Rund 810.000 Besucher hat der Hessentag bis heute anzogen. Der Hessentag ist höchst lebendig, attraktiv und einzigartig“, so Bouffier und Hahn. Dieser Erfolg trotz des teilweise durchwachsenen Wetters zeige deutlich, dass die Mischung aus hessischem Brauchtum, attraktivem Programm und gelebter Gastfreundschaft von den Menschen gern angenommen werde. „Das ist eine Abstimmung mit den Füßen, den Hessentag in seiner erfolgreichen Form auch zukünftig weiterzuführen und genau das werden wir tun“, versicherten Bouffier und Hahn.

„Nicht nur der große Erfolg des Hessentages hier in Wetzlar, sondern die Lage im ganzen Land zeigt: Hessen ist auf Erfolgskurs“, betonte Ministerpräsident Bouffier. „Hessens Wirtschaft brummt, wir haben so viele Menschen wie noch nie in Arbeit, mehr Ausbildungsplätze als Bewerber, wir sind sicher durch die Wirtschaftskrise gekommen und allen Prognosen nach wird das auch so bleiben“, begründete Bouffier. Er wies darauf hin, dass die hessische Wirtschaft gut aufgestellt sei und dem aktuellen Geschäftsklimaindex nach mit großer Zuversicht in die nächsten Monate gehe.

„Wenn wir uns die aktuelle hessische Konjunkturprognose ansehen sehen wir, dass jedes fünfte Unternehmen in Hessen in den nächsten Monaten mehr Mitarbeiter einstellen will“, stellte der Ministerpräsident fest. Insbesondere die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt stimuliere die Konjunktur: „Die Zahl der Erwerbstätigen erreichte in Hessen in 2011 mit durchschnittlich 3,18 Millionen einen Höchststand, die Arbeitslosigkeit ist so niedrig wie seit fast zwanzig Jahren nicht mehr und die Nachfrage nach Arbeitskräften ist ungebrochen hoch. Deshalb sind wir auch zuversichtlich, dass dort, wo Betriebe insolvent werden oder Arbeitsplätze abbauen, wir für die Mitarbeiter bald neue Arbeitsplätze finden. Festzuhalten ist: Hessen kann stolz auf seine Leistungen und die bisherige Entwicklung sein und mit Zuversicht und im Vertrauen auf seine Stärken in die Zukunft schauen“, betonte Ministerpräsident Bouffier.

In diesem Zusammenhang wies Bouffier darauf hin, dass auch Hessen die Beteiligung der Finanzwirtschaft an den Folgen der Finanzkrise ausdrücklich begrüßt. Es müsse aber sichergestellt werden, dass der Finanzsektor in Hessen keine Nachteile durch die geplante Finanzstransaktionssteuer erleiden dürfe. „Die Steuer darf nicht dazu führen, dass Arbeitsplätze an Deutschlands wichtigstem Finanzplatz gefährdet werden, weil Frankfurt Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen europäischen Finanzplätzen bekommt“, forderte der Ministerpräsident. Er wies zudem darauf hin, dass die Steuer nicht zu einer bloßen Mehrbelastung für Kleinanleger und Bürgerinnen und Bürger, die solche Finanzprodukte für ihre private Altersvorsorge haben, führen dürfe. „Dann würde die Steuer ihr Ziel verfehlen“, ergänzte Hahn. Die Landesregierung werde sich nun zunächst das Eckpunktepapier der Bundesregierung ansehen und auswerten, kündigten Bouffier und Hahn an.

Im Mittelpunkt der Beratungen standen ein Bericht zum Stand der Umsetzung der Beschlüsse des Hessischen Energiegipfels und der Einführung des islamischen Religionsunterrichts. Ferner stand das Thema „Breitbandausbau vor Ort“ auf dem Programm. Zudem haben sich die Regierungsmitglieder über das das Thema „Forschung für die Praxis – Mittelhessen setzt Maßstäbe im Technologie Transfer“ sowie die Wirtschafts- und Verkehrsentwicklung in Mittelhessen ausgetauscht.

Stand der Umsetzung der Beschlüsse des Hessischen Energiegipfels - Hessen nutzt die Chancen der Energiewende

„Wir wollen eine saubere, verlässliche und bezahlbare Energie. Wir haben die Verantwortung für nachfolgende Generationen, die Schöpfung zu bewahren und wir sorgen für bezahlbare Energie, weil das dauerhaft unseren Wohlstand sichert. Dazu ergreifen wir nur die Maßnahmen, die umsetzbar und nachvollziehbar sind“, sagte Ministerpräsident Volker Bouffier in Wetzlar. „Bei der Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energiequellen wollen wir als Technologiestandort unsere Chancen nutzen. Wir müssen besonders darauf achten, dass Hessen ein starker Industriestandort bleibt, weil sonst unser Wohlstand nicht zu sichern ist. Der sicheren und bezahlbaren Energie ist deshalb höchste Priorität einzuräumen. Nur so werden wir eine Abwanderung von Produktionsstandorten und Arbeitsplätzen vermeiden. Nicht die schnellsten, sondern die klügsten Lösungen wollen wir für Hessen umsetzen. Bei der Energiewende setzen wir auf den Dreiklang aus Information, Beratung und Förderung. Wir haben eine breite Informationskampagne angestoßen, wir verstärken die Beratung und schaffen mit dem Gesetz die Grundlage für eine gezielte und effektive Förderung der Energieeffizienz und des Ausbaus erneuerbarer Energien“, so Bouffier.

Insgesamt stehen 80 Millionen Euro für Maßnahmen zur Verfügung, die in diesem Jahr starten. Das bietet Finanzierungssicherheit über die kommenden drei Jahre. Als Beispiele aus dem Maßnahmenkatalog nannte Bouffier die Informations- und Akzeptanzkampagne „Bei uns hat Energie Zukunft“, die im Februar gestartet wurde, das Energiezukunftsgesetz, das im Mai in den Landtag eingebracht wurde, die Energietechnologieoffensive, die mit 4 Millionen Euro Projekte zur Entwicklung und Förderung von Energie- und Energiespeichertechnologie fördert sowie die energetische Sanierung der Landesliegenschaften, für die in den kommenden Jahren 160 Millionen Euro investiert werden.

„Der Erfolg und die Geschwindigkeit hin zu einer sicheren, umweltfreundlichen, bezahlbaren zukünftigen Energieversorgung werden in hohem Maß davon abhängen, dass sich die Gesellschaft mit den notwendigen Maßnahmen identifiziert und jeder in Hessen seinen Beitrag zu einer Verringerung des Energieverbrauchs bzw. zu einem zukunftsfähigen Energiemix leistet“, sagte der Ministerpräsident. Dies erfordere von allen Beteiligten ein fundiertes Wissen, persönliche Handlungsbereitschaft und die Akzeptanz der notwendigen Maßnahmen und Schritte.

Islamischer Religionsunterricht möglichst zum Schuljahr 2013/14

Das Kabinett hat auf Antrag von Justiz- und Integrationsminister Jörg-Uwe Hahn, Kultusministerin Nicola Beer und Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann erneut Weichen gestellt zur Einführung islamischen Religionsunterrichts an hessischen Grundschulen. Bereits für Ende Juni wird ein Ergebnis der Gutachten erwartet, ob die beiden Antragssteller die Voraussetzungen an eine Religionsgemeinschaft gemäß Artikel 7 Absatz 3 des Grundgesetzes erfüllen.

Der Justizminister und Stellvertretende Ministerpräsident Jörg-Uwe Hahn: „Wenn wir einen verfassungskonformen Kooperationspartner – oder mehrere – gefunden haben, kommt bekenntnisorientierter islamischer Religionsunterricht bereits zum Schuljahr 2013/2014. Er soll dann als Pilotprojekt an 25 hessischen Grundschulen in der Klassenstufe 1 eingerichtet und von Jahr zu Jahr in den weiteren Klassenstufen fortgesetzt werden.“ Dafür würden Pilotschulen nach den folgenden Kriterien ausgewählt: Anzahl der Schüler muslimischen Glaubens; Bereitschaft der Eltern, ihre Kinder am Unterricht teilnehmen zu lassen; Erreichen der Mindestteilnehmerzahl von acht Schülern; und ausreichende Anzahl von Lehrkräften muslimischen Glaubens.

Das Lehrpersonal solle zunächst aus dem Kreis der bereits im Landesdienst beschäftigten Lehrer muslimischer Religionszugehörigkeit kommen, die mit einer Weiterbildung für den Unterricht qualifiziert werden sollen: „Sobald wir wissen, ob wir einen Kooperationspartner haben. Mittelfristig werden uns die Absolventen des Zentrums für Islamische Studien der Universität Frankfurt in Kooperation mit der Universität Gießen zur Verfügung stehen“, so Hahn.

Als zweite Schiene soll ebenfalls zum Schuljahr 2013/2014 und ebenfalls als Pilotprojekt in weiteren 25 Grundschulen ein Ethikunterricht mit verpflichtenden, erweiterten islamkundlichen Bestandteilen eingeführt werden.

Wirtschaftliche und verkehrliche Entwicklung sowie Breitbandausbau in Mittelhessen

„Mittelhessen liegt sehr verkehrsgünstig im Zentrum Deutschlands. Auch innerhalb unseres Landes sorgt die hervorragende Infrastruktur für kurze Wege. Hier präsentiert sich eine sehr wirtschaftsstarke Region“, sagte der Stellvertretende Ministerpräsident. Indikator hierfür sei beispielsweise, dass die Zahl der Erwerbstätigen in Mittelhessen mit einem Plus von 3,8 Prozent den höchsten relativen Zuwachs aller hessischen Teilregionen zwischen 2000 und 2009 aufweise. Die Arbeitsagenturen Marburg und Wetzlar weisen Arbeitslosenquoten von 5,1 Prozent bzw. 5,4 Prozent auf, die Arbeitslosenquoten der Kreise Marburg-Biedenkopf und Vogelsberg gehören beide mit 4,8 Prozent zu den niedrigsten in Hessen.

Für das Landesstraßennetz im Regierungsbezirk Gießen stehen zwischen 2009 bis 2012 Investitionen in Höhe von ca. 130 Millionen Euro zur Verfügung. Das Landesstraßenbauprogramm 2012 sieht für Mittelhessen 107 laufende bzw. neue Projekte vor. In diesem Zusammenhang wies Hahn auch darauf hin, dass mit der Unterzeichnung des entsprechenden Planfeststellungsbeschlusses alle Voraussetzungen geschaffen seien, damit die Fertigstellung der A 49 und der kontinuierliche Weiterbau bis zur A 5 greifbar werde. „Darüber hinaus engagiert sich das Land Hessen natürlich weiter für die Förderung im Kreisstraßenbau, im kommunalen Straßenbau, im ÖPNV sowie im Schienenpersonennahverkehr“, sagte Hahn. Mit den im Jahr 2012 geplanten Auszahlungen wird das Land seit 2009 dem Lahn-Dill-Kreis sowie den Landkreisen Gießen, Limburg-Weilbug, Marburg-Biedenkopf und Vogelsberg insgesamt 75 Millionen Euro bewilligt haben. Hiervon entfallen 54 Millionen Euro auf die Förderung des Kommunalen Straßenbaus, 21 Millionen Euro auf die Förderung von ÖPNV-Maßnahmen.

„Breitbandausbau ist Teil der Zukunftsvorsorge für alle hessischen Bürgerinnen und Bürger, dient der Standortsicherung und ist Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit aller Unternehmen in Hessen“, sagte Hahn. Derzeit laufen in allen mittelhessischen Landkreisen Aktivitäten zur Herstellung der Grundversorgung oder zur Planung des Aufbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen. Momentan prüfen die Landkreise Marburg-Biedenkopf und Teile des Lahn-Dill-Kreises die Möglichkeit einer landkreisübergreifenden Zusammenarbeit. „Das hessische Modell Breitbandausbau macht deutlich, dass es funktioniert: Regionales Engagement, Einbeziehung aller Akteure vor Ort und natürlich Unterstützung durch das Land. Wir wollen bis 2014 in Hessen ein Hochgeschwindigkeitsnetz etabliert haben."

Forschung für die Praxis: Mittelhessen setzt Maßstäbe im Technologie-Transfer

„Forschung und Wissenschaft sind die Voraussetzung für Innovationen. Innovationen wiederum, der Transfer von Ideen in die Unternehmen, sind zentrale Voraussetzungen für Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze in unserem Land“, sagte der Stellvertretende Ministerpräsident. Mittelhessen setzte auf diesem Gebiet Maßstäbe. Die erfolgreiche Entwicklung beruht nach den Worten des Ministers im Wesentlichen auf drei Säulen: der Förderung von Forschung an Hochschulen, Wissenschaftseinrichtungen und Unternehmen, der Förderung qualifizierten Nachwuchses in enger Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft (Duales Studium) sowie den Investitionen des Landes in moderne Infrastruktur. „Forschung für die Praxis“ ist ein Markenzeichen gerade der Fachhochschulen, das sich nicht nur in dem Namen dieses Programms dokumentiert, in das bis 2015 fast vier Millionen Euro fließen. Fast ein Drittel dieser Summe geht an die Technische Hochschule Mittelhessen (THM), beispielsweise zur Erforschung eines neuartigen Wirkstoffs gegen Neurodermitis.

Dieser Erfolg setzt sich fort beim Forschungsförderungsprogramm LOEWE: Wissenschaftseinrichtungen der Region werden gegenwärtig mit zusammen knapp 80 Millionen Euro gefördert. Weitere gut 30 Kooperationsprojekte von Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) erhalten darüber hinaus rund 31 Millionen Euro Förderung, erläuterte Hahn. Bei all diesen Projekten spielt die praxisnahe Forschung auf dem Gebiet der Lebenswissenschaften – Bio, Pharma oder Medizin – eine wichtige Rolle. „Bei diesen Zukunftstechnologien hat Mittelhessen eine Vorreiterrolle übernommen. Das ist nicht zuletzt auch den Wissenschaftseinrichtungen, insbesondere den Universitäten in Gießen und Marburg sowie der THM mit ihren Standorten in Gießen, Friedberg und Wetzlar zu verdanken“, betonte Hahn abschließend.

Foto: E. Blatt (Hessische Staatskanzlei)

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