Nach der heutigen Sitzung des Finanzplatzkabinetts in der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank erklärte der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier: „Der Finanzplatz Frankfurt ist von herausragender Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Hessen. Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in nur einigen EU-Staaten, ohne dass diese auch für Großbritannien gilt, führt zu einem Ungleichgewicht und benachteiligt den größten Finanzplatz des europäischen Kontinents gegenüber London. Hessen muss seine Stärken stärken und nicht schwächen“, sagte Bouffier. Der Stellvertretende Ministerpräsident Hahn betonte, dass die Bedeutung Frankfurts als Finanzplatz weiter über die hessischen und auch deutschen Grenzen hinausgehe. „Außerdem steht der Finanzplatz Frankfurt nicht nur für Bankgeschäfte, sondern in erster Linie für Arbeitsplätze für Zigtausende Menschen“, so Hahn weiter.

Der Ministerpräsident führte weiter aus, dass er Verständnis dafür habe, dass auch die Banken für die Folgen der Finanzkrise in die Pflicht genommen würden. „Das muss aber auf eine kluge und vernünftige Weise geschehen. Bei einer Transaktionssteuer ohne Großbritannien werden die Geschäfte nicht mehr in Frankfurt, sondern in London gemacht. Am Finanzplatz Frankfurt sind Tausende Menschen tätig, deren Arbeitsplätze dann anschließend auch in Gefahr sind. Deshalb lehne ich die Abgabe in dieser Form ab“, so Bouffier. Die Finanzplatzarbeitsgruppe des Hessischen Kabinetts beriet neben der Finanztransaktionssteuer über die Themen Staatsschuldenkrise, Bildung einer Bankenunion der EU, Regulierung von „Schattenbanken“, Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken sowie den Hochfrequenzhandel.

„Der Euro als gemeinsame europäische Währung war nicht nur eine mutige und wegweisende Entscheidung, er hat in den vergangenen zehn Jahren größte geldpolitische Stabilität gebracht und ist Garant für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft“, sagte Bouffier. An der Sitzung des sogenannten Finanzplatzkabinetts hatten der Ministerpräsident, der Stellvertretende Ministerpräsident Jörg-Uwe Hahn, Finanzminister Dr. Thomas Schäfer, Wirtschaftsminister Florian Rentsch, der Chef der Staatskanzlei, Staatsminister Axel Wintermeyer, sowie der Minister für Bundesangelegenheiten Michael Boddenberg teilgenommen.

„Um die Erfolgsgeschichte des Euro fortzuschreiben, ist es notwendig, dass in den Ländern, die mit einer hohen Staatsverschuldung belastet sind, die notwendigen Strukturreformen entschlossen angepackt werden. Der europäische Fiskalpakt weist darüber hinaus den richtigen Weg zur Konsolidierung der Staatshaushalte mit dem Ziel einer Nullneuverschuldung“, betonte der Ministerpräsident.

„Die Stabilisierung der Finanzmärkte kann und darf nur ohne eine einseitige Benachteiligung Frankfurts im internationalen Konzert der Finanzplätze erfolgreich umgesetzt werden“, fasste der Stellvertretende Ministerpräsident Jörg-Uwe Hahn zusammen. „Die Hessische Landesregierung hat daher für die bessere Überwachung des Hochfrequenzhandels einen Vorschlag im Bundesrat eingebracht, der aber dem Handelsstandort Deutschland nicht schadet“, so Hahn. „Entscheidend wird es sein, dass bei der Regulierung von Finanzdienstleistern außerhalb des Bankensektors, sogenannten ‚Schattenbanken‘, ein Regulierungsniveau festgelegt wird, das nicht zu Ausweichbewegungen aus dem nun strenger regulierten Bankensektor führt und Finanzmarktstabilität damit wieder gefährdet wird“, erläuterte der Staatsminister. „Es geht darum, genau hinzuschauen und mit Augenmaß und unter international einheitlichen Bedingungen zu agieren.“

„Die Einrichtung einer wirksamen, EU-weiten Bankenaufsicht ist grundsätzlich sinnvoll und kann auch dazu beitragen, dass der Bankensektor Vertrauen zurückgewinnt. Es darf erst dann bankaufsichtliche Verantwortung übertragen werden, wenn sie wirklich arbeitsfähig ist und alle Kompetenzverteilungsfragen abschließend geklärt sind“, sagte Hahn. Äußerst kritisch sehe er dabei eine Unterstellung sämtlicher Banken unter eine neue EU-Bankenaufsicht. „Die neue Aufsicht sollte sich in erster Linie auf grenzüberschreitend tätige, systemrelevante Institute fokussieren. Kleinere und lediglich regional tätige Institute sollten weiterhin grundsätzlich auf nationaler Ebene beaufsichtigt werden“, so der Staatsminister.

„Wir begrüßen die Vorschläge der von der EU-Kommission eingesetzten Liikanen-Gruppe als sinnvolle Grundlage für die Neustrukturierung des Bankensektors“, erklärte der Ministerpräsident. „Eine stärkere Trennung von Kunden- und Investmentgeschäft muss und kann aber auch unter dem Dach des erfolgreichen Modells der Universalbanken in Deutschland möglich sein“, so Ministerpräsident Bouffier abschließend.

Foto: E. Blatt (Hessische Staatskanzlei)

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