Ein Jahr nach der "Allianz für mehr Lärmschutz", mit der 19 Maßnahmen des aktiven Schallschutzes und ein Paket von 335 Millionen für den passiven Schallschutz beschlossen wurden, zogen Ministerpräsident Bouffier und Verkehrsminister Rentsch Bilanz.  Insgesamt 10 von 19 beschlossenen Maßnahmen des aktiven Schallschutzes seien im vergangenen Jahr umgesetzt worden, die Prüfung der restlichen Maßnahmen bereits angelaufen, so Ministerpräsident Bouffier. "Es wird höher geflogen, es wird mit leiseren Flugzeugen geflogen und laute Flugzeuge werden stärker zur Kasse gebeten, um ihren Einsatz wirtschaftlich unattraktiv zu machen. Darüber hinaus gibt es planbare Lärmpausen in der Nachtrandstunde von 5 bis 6 Uhr", erläuterte Bouffier die Auswirkungen einiger der umgesetzten Maßnahmen: "Damit sind wir auf dem Weg zum leiseren Flughafen."

Eine weitere Säule der Allianz sind die Maßnahmen des passiven Schallschutzes. "Das Paket von 335 Millionen Euro für den passiven Schallschutz, das von Land und Fraport geschnürt wurde, wird weitere spürbare Entlastungen bringen", erläuterte Wirtschafts- und Verkehrsminister Rentsch. Die ersten Förderbescheide für Zuschüsse und Darlehen an private Haushalte seien bereits verschickt worden. "Wir werden in unseren Anstrengungen, die Anwohner rund um den Frankfurter Flughafen noch weiter zu entlasten, nicht nachlassen", kündigte der Ministerpräsident an. Der faire Interessenausgleich zwischen den betroffenen Anwohnern und der Zukunftsfähigkeit des Flughafens bleibe eine Daueraufgabe für alle Beteiligten der Allianz.

"Die bereits umgesetzten Maßnahmen können sich sehen lassen", betonte Wirtschafts- und Verkehrsminister Florian Rentsch. Im Bereich des passiven Schallschutzes seien mit dem 265 Millionen Euro starken Regionalfonds, welcher Fördermittel und Darlehen für Privathaushalte, öffentliche  Einrichtungen wie Schulen und Kindergärten sowie Kommunen bereithält, sehr gute Voraussetzungen geschaffen worden, um die Lärmbetroffenheit der Anwohner deutlich zu reduzieren. "Mit der Förderrichtlinie, die nach einem Kriterienkatalog des Forums Flughafen und Region als Vertreter der betroffenen Gemeinden erarbeitet wurde, haben wir sichergestellt, dass das Geld des Fonds auch dort ankommt, wo es benötigt wird", sagte Rentsch. Spürbare Lärmreduzierung in der Region rund um den Frankfurter Flughafen haben auch die Maßnahmen des aktiven Schallschutzes erbracht, die im Verlauf des vergangenen Jahres in Kraft traten.

Im Einzelnen waren dies:

  • Anhebung der Gegenanflughöhe um 1000 ft (ca. 300 Meter):

Die Flughöhe der nördlichen und südlichen Gegenanflugstrecken, welche vom Rheingau in den Main-Kinzig-Kreis sowie von Rheinhessen in den Spessart reichen, wurde um jeweils ca. 300 Meter angehoben. "Erste Auswertungen des Umwelt-  und Nachbarschaftshauses zeigen, dass hierdurch beispielsweise über dem Frankfurter Norden der Fluglärm weitgehend unter die Messbarkeitsschwelle abgesunken ist", erläuterte der Verkehrsminister. 

  • Anhebung der Überflüge im Westen und Osten:

In Verbindung mit der Anhebung der Gegenanflughöhe steht auch die Anhebung der Überflughöhen über dicht besiedeltem Offenbacher und Mainzer Stadtgebiet. Die Flugzeuge drehen nun später auf die jeweilige Endanflugstrecke ein.

  • Anhebung Anflugwinkel auf die Nordwest-Landebahn auf 3,2 Grad:

Seit Oktober 2012 wird die Landebahn Nordwest in einem steileren Winkel als üblich von 3,2 Grad angeflogen, was mehr Abstand zwischen Schallquelle und den Boden bringt und zu einer Lärmentlastung der unter den Anflugstrecken liegenden Gebiete führen soll.

  • Konstanter Sinkflug (CDO):

Bereits seit Mai 2012 wird das kontinuierliche Sinken (CDO) in betriebsschwachen Zeiten praktiziert, was die Flugzeuge im Leerlauf gleichsam zu Boden gleiten lässt und daher besonders leise möglich ist.

  • Dedicated Runway Operations (DROps):

Seit Juni 2012 werden zwischen 5 und 6 Uhr morgens echte Lärmpausen unter den Abflugstrecken geschaffen, welche durch die Maßnahme DROps early morning möglich werden, die die wechselweise Nutzung verschiedener Abflugrouten vorsieht.

  • Vorgezogene Ausflottung B 737:

Insbesondere der Lärmvermeidung an der Quelle, dem Flugzeug, kommt allergrößte Bedeutung zu. Hier wurde durch das ehrgeizige Programm der Deutsche Lufthansa AG, welche im vergangenen Jahr 32 Flugzeuge durch neuere und damit leisere ausgetauscht hat, bereits eine Marke gesetzt. Auch dies ist ein Bestandteil der Allianz für Lärmschutz.

  • Weitere Spreizung der Lärmentgelte:

Zum Jahresbeginn 2013 wurden durch eine neue Flughafenentgeltordnung die lärmabhängigen Flughafenentgelte von insgesamt rund 45 Mio. € im Jahr 2011 auf rund 100 Mio. € im Jahr 2013 erhöht. Damit sind die Grundlärmentgelte, die zu jeder Tageszeit gezahlt werden müssen, um über 120 % angehoben worden. Dies führt zu einem noch größeren Anreiz zur Anschaffung lärmärmeren Fluggeräts. Daneben beinhaltet die neue Entgeltordnung weitere beachtenswerte Maßnahmen, wie etwa die Erweiterung der bestehenden Lärmklassenanzahl von 12 auf 16, die zusätzliche Berücksichtigung des Landelärms und die Incentivierung des technologischen Fortschritts. Dies macht deutlich, dass der Frankfurter Flughafen eine absolute Vorreiterrolle bei den lärmabhängigen Flughafenentgelten einnimmt.  

  • Forschungsprojekt zur Reduzierung von Bodenlärm:

Zur Ausschöpfung aller denkbaren Lärmminderungspotentiale wurden Forschungsaufträge zur Reduktion des Bodenlärms (z. B. zum elektrischen Antrieb des Bugrades) vergeben.

  • Forschungsprojekt lärmarme Landeverfahren:

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) wurde gebeten, sich intensiv mit leiseren Anflugverfahren zu befassen sowie Wege zur Erkennung und - idealerweise - Vermeidung von Triebwerks-Gegenschub nach der Landung aufzuzeigen, da dieser flughafennahe Kommunen belastet.

  • Monitoring:

Das unabhängige Umwelt- und Nachbarschaftshaus überwacht und misst die Auswirkungen der einzelnen Maßnahmen. "Die Messungen und Auswertungen der Wirkung der einzelnen Maßnahmen dauern zwar noch an. Summarisch kann jedoch bereits jetzt gesagt werden, dass die Allianz für Lärmschutz, die in enger Abstimmung mit dem Forum Flughafen und Region ins Leben gerufen wurde, eine Erfolgsgeschichte ist", betonten Bouffier und Rentsch.

 

Verkehrsminister Rentsch wies darauf hin, dass die Hessische Landesregierung auch auf Bundesebene aktiv sei, um den Lärmschutz zu stärken. "Mit einem Antrag im Bundesrat stößt das Land Hessen eine Gesetzesänderung zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm an. Ziel der hessischen Initiative ist es, durch eine Änderung des Luftverkehrsgesetzes eine stärkere Gewichtung des Schutzes vor Lärm festzuschreiben", erläuterte Rentsch. So sollen die Luftfahrtbehörden und Flugsicherungsorganisationen verpflichtet werden generell, unabhängig von einer Zumutbarkeitsschwelle, auf die Vermeidung von Fluglärm hinzuwirken. Bereits bei der Planung und Festlegung der Flugverfahren als auch bei der Erteilung von Flugverkehrskontrollfreigaben durch den Lotsen  soll dem Aspekt des Lärmschutzes höheres Gewicht eingeräumt werden.

"Die Zwischenbilanz nach einem Jahr zeigt, dass wir auf dem Weg zum leiseren Flughafen ein gutes Stück vorangekommen sind. Es zeigt aber auch die Ernsthaftigkeit der Anstrengungen aller Verantwortlichen, die Zukunftssicherheit des Flughafens ebenso zu gewährleisten wie die Reduzierung der Lärmbetroffenheit bei den Anwohnern. Wir als Landesregierung stellen uns dieser Verantwortung und dieser Aufgabe, die wir als Daueraufgabe begreifen und behandeln", so Bouffier und Rentsch abschließend.

Foto: B. Kleeblatt (Hessische Staatskanzlei)

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