Das „Rückgrat des Wohlstands in Hessen“ hat Ministerpräsident Volker Bouffier auf seiner vierten Hessenreise am 21. September 2011 besucht: Mittelständische Familienunternehmen mit langer Tradition, die selten in der Öffentlichkeit stehen, aber weltweit tätig sind. „Sie sind das Salz in der Suppe unserer Marktwirtschaft“, so Bouffier. „Seit Generationen sorgen sie für Arbeitsplätze und Wohlstand in Hessen.“

Erste Station: Glocken- und Kunstgiesserei Rincker in Sinn

Die Glocken- und Kunstgießerei Rincker in der mittelhessischen Gemeinde Sinn am Fuße des Westerwaldes war am Morgen die erste von drei Stationen. Der Ministerpräsident wurde dementsprechend auch mit einem Glockenspiel auf dem Hof begrüßt. „Ich freue mich, hier fast 500 Jahre Tradition zu erleben“, sagte Bouffier über das Familienunternehmen mit 25 Mitarbeitern, das seit dem Jahr 1590 Glocken gießt und in alle Welt liefert, zuletzt für ein Gotteshaus nach Chile.

Begleitet von Fritz Georg und Hanns Martin Rincker, seit 1990 Geschäftsführer in der 13. Generation, hat sich der Ministerpräsident den Herstellungsprozess einer Glocke im traditionellen Lehmgussverfahren erläutern lassen. Bei 1.200 Grad Hitze brachten Mitarbeiter Kupfer, Zink und Nickel zum Schmelzen und demonstrierten dem Landesoberhaupt die Gusstechnik. Zum Staunen brachte den Ministerpräsidenten die filigrane Detailarbeit beim Gießen von Christus-Skulpturen und Bronzetafeln. „Das ist ein schönes Beispiel, wie traditionelle Handwerksarbeit und High-Tech zusammenkommen“, befand Bouffier und lobte: „Hier handelt es sich nicht nur um einen Beruf, sondern um eine Berufung. Hessen kann stolz sein, solche Unternehmen zu haben.“ Auf seinem Rundgang lernte Bouffier auch Christian Rincker kennen, 17 Jahre alt und derzeit Praktikant in der Firma des Vaters. „Aha, da ist ja schon die 14 Generation“, sagte der Ministerpräsident hoch erfreut und klopfte Christian auf die Schulter.

Angesichts der Tatsache, dass eine Glocke im Durchschnitt 370 Jahre hält, ließ sich der Ministerpräsident Dienstleistungen wie Wartung und Montage der Glocken als neues Standbein des Unternehmens erläutern, das einen jährlichen Umsatz von 1,8 Millionen Euro erwirtschaftet. In den letzten Jahren stark angestiegene Rohstoffpreise und der Gewinn von Nachwuchskräften waren ebenfalls Themen, die den Geschäftsführern am Herzen lagen. Und für sein Abschiedsgeschenk, einer traditionellen Handglocke aus dem Jahr 1821, hat der Ministerpräsident schon die passende Verwendung gefunden: „Das wird die neue Glocke im Kabinettssaal der Staatskanzlei“, so der Ministerpräsident.

Zweite Station: Hassia Mineralquellen in Bad Vilbel

Einen prickelnden Moment hat Ministerpräsident Volker Bouffier gleich zu Beginn der zweiten Station der Hessenreise erlebt: Im Besucherzentrum von Hassia Mineralquellen kostete er eine der fruchtigen Limonaden, die von 560 Mitarbeitern im hessischen Bad Vilbel produziert wird. Nach einem wohltuenden Schluck der Sommersorte, die aufgrund des großen Erfolgs mittlerweile ganzjährig verkauft wird, wie Geschäftsführer Dirk Hinkel stolz verkündete, lobte der Ministerpräsident: „Hassia ist ein Teil des Mustermodells ‚Made in Germany‘, das eine enge Verbindung zwischen Produkt, Belegschaft und Eigentümern aufweist. Für diese große unternehmerische Leistung möchte ich Danke sagen.“

Unter lautem Klirren tausender Glasflaschen und dem Rattern von Laufbändern hat sich Ministerpräsident Bouffier anschließend einen Teil des Produktionskomplexes zeigen lassen. Vorschriftsmäßig ausgestattet mit einer weißen Kopfhaube blickte er auf eine Hochleistungsanlage für PET-Mehrwegflaschen, die etwa 35.000 Flaschen pro Stunde abfüllen kann. „Die Produktionsmenge ist derart enorm, die Innovation so groß und die Herausforderungen so umfänglich, dass ich stark beeindruckt bin“, erklärte Bouffier. Die Hassia-Gruppe bietet deutschlandweit 800 Getränkesorten an und liegt mit einer Absatzmenge von 768 Millionen Litern im Jahr auf Platz fünf der Herstellerrangliste.

Besonderen Wert legte Ministerpräsident Bouffier auf die Entwicklung der Energiepreise. Für Strom und Gas muss Hassia jährlich fünf Prozent des Umsatzes von rund 240 Millionen Euro aufwenden. „Ökologie und Ökonomie müssen gleichrangig zum Ergebnis sauberer Energie führen“, erklärte Bouffier sein Ziel und forderte. „Es hilft nicht, wenn immer nur nach dem Ausstieg aus der Kernenergie gerufen wird, ohne adäquaten Ersatz zu haben.“

Dritte Station: Werkzeug- und Maschinenbauer Rothenberger in Kelkheim
Die letzte Station der Tagestour hat Ministerpräsident Volker Bouffier zum Familienunternehmen Rothenberger nach Kelkheim im Taunus geführt. Dort konnte er gleich selbst zur Tat schreiten: Im roten Arbeitskittel bohrte er mit einem Spezialgerät ein rundes Stück aus einer 15 Zentimeter dicken Betonplatte. Die leichte Handhabung der Maschine bei einer solch massiven Arbeit war für ihn Beweis der Innovationskraft des Unternehmens: „Dafür stehen Sie“, lobte Bouffier den Geschäftsführer Dr. Helmut Rothenberger und die Mitarbeiter. „Damit schaffen Sie Arbeitsplätze und Zukunft.“

Bei seinem Rundgang bestaunte der Ministerpräsident die Produktvielfalt des Werkzeug- und Maschinenbauers, der heute in 40 Tochtergesellschaften weltweit etwa 3.000 Mitarbeiter beschäftigt und einen Umsatz von 600 Millionen Euro erwirtschaftet. Neben Schweißmaschinen zur Verdichtung von Pipelines produzieren die Kelkheimer unter anderem auch Anlagen zur Reinigung von Fußbodenheizungen oder Kameras zur Inspizierung von Kanälen. Aufgrund dieser Spezialisierung liegt Geschäftsführer Rothenberger, der das vor 62 Jahren gegründete Unternehmen in zweiter Generation führt, insbesondere die Nachwuchsgewinnung am Herzen. „Über das Thema Fachkräftemangel wird viel geredet, aber nicht immer sinnvoll“, erklärte Bouffier und verwies auf die beschlossene Fachkräftekommission.

Auf dem Firmengelände enthüllte der Ministerpräsident eine große kreisförmige Skulptur, bevor er ein positives Resümee seiner Hessenreise zog: „Wir haben tolle Unternehmen in Hessen, das hat sich heute wieder bestätigt und dies ist für mich die wichtigste Botschaft“, stellte er zufrieden fest. „Um das für die Zukunft zu sichern, kann die Landesregierung helfen, indem wir den passenden Rahmen für Wachstum und Wohlstand in unserem Land setzen.“

Fotos: M. Schaich

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