Ministerpräsident Volker Bouffier und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir: „Grundlage für eine erfolgreiche Integration“
Die Landesregierung hat heute in Wiesbaden den „Hessischen Aktionsplan zur Integration von Flüchtlingen und Bewahrung des gesellschaftlichen Zusammenhalts“ vorgestellt. „Wir stehen vor einer historischen Herausforderung, die uns allen große Anstrengungen abverlangt“, sagte Ministerpräsident Volker Bouffier. „Um die Flüchtlingssituation klug zu meistern, haben wir diesen Aktionsplan aufgelegt. Mit ihm werden wir Flüchtlingen mit Bleibeperspektive eine Zukunft in Hessen geben und ihnen ermöglichen, Teil dieser Gesellschaft und Bürger unseres Landes zu werden. Der Aktionsplan stärkt die Kommunen, sorgt für Sicherheit und Schutz der Bürger und Flüchtlinge und unterstützt die ehrenamtlichen Helfer“, sagte Bouffier. Für Menschen, die kein Bleiberecht in Deutschland hätten, sei eine schnelle Rückführung in ihre Heimatländer unabdingbar. Dies diene auch dem Schutz derer, die bleiben dürfen.
Die Landesregierung hat früh gehandelt und für das Jahr 2015 die Flüchtlingshilfe bereits deutlich aufgestockt. Für den Aktionsplan sind rund 500 Millionen Euro vorgesehen. Damit erhöht das Land Hessen die Mittel für die Flüchtlingshilfe im Haushalt 2016 auf insgesamt mehr als eine Milliarde Euro. Kern des Konzeptes sind Maßnahmen in den Bereichen Unterbringung, Förderung des Spracherwerbs, Unterstützung bei der Schul- und Berufsausbildung, Vermittlung von Grundwerten und Ordnung im Rechtsstaat sowie Hilfe beim Zugang zum Arbeitsmarkt.
Mehr als 55.000 Menschen sind in diesem Jahr bereits als Flüchtlinge nach Hessen gekommen. Derzeit leben rund 25.000 Flüchtlinge in den Erstaufnahmeeinrichtungen und Notunterkünften des Landes. Allein in den vergangenen drei Monaten hat die Landesregierung 22.000 Plätze in festen Unterkünften geschaffen. Bis Ende des Jahres liegt die Kapazität bei insgesamt 42.000.
Oberste Priorität ist es, Obdachlosigkeit zu vermeiden. „Bisher musste niemand, der zu uns gekommen ist, auf der Straße übernachten. Allen konnte eine Unterkunft angeboten werden“, sagte Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir. „Auch wenn wir nicht unbegrenzt Menschen bei uns aufnehmen können, gilt die Vereinbarung in unserem Koalitionsvertrag, dass Flüchtlinge in Hessen menschenwürdig untergebracht werden und ausreichend Schutz sowie eine humane Lebensperspektive finden.“ Dies sei bisher insgesamt gelungen. „Angesichts der Größe der Herausforderung können wir stolz sein auf die Leistungen, die unsere Gesellschaft, die ehrenamtlichen und hauptamtlichen Helfer und die Verwaltung mit einem überwältigenden Engagement vollbracht hat“, sagten Bouffier und Al-Wazir.
„Mit dem Aktionsplan legen wir die Grundlage für eine erfolgreiche Integration, die von beiden Seiten gleichermaßen gelebt werden muss. Er soll helfen, die Distanz abzubauen zwischen Menschen verschiedener Nationalitäten, Hautfarben, Traditionen und Kulturen“, sagte Bouffier. „Die Werte unserer Gesellschaft stehen nicht zur Disposition. Deshalb werden wir auch dafür sorgen, dass sie den Menschen, die bei uns eine neue Heimat suchen, frühzeitig vermittelt werden. In unserem Land gilt das Grundgesetz. Meinungs- und Religionsfreiheit sowie die Gleichberechtigung von Mann und Frau sind nicht verhandelbar. Die Rechtsstaatklassen für Flüchtlinge, die mit Richtern und Staatsanwälten in Hessen schon begonnen haben, sind bundesweit bislang einmalig und Ausdruck dieser Bemühungen.“ Wichtig sei auch, dass trotz der historischen Herausforderung alle anderen Aufgaben im Land nicht vernachlässigt werden. „Wir handeln mit der Zuversicht, dass es gut werden wird. Gut werden muss. Scheitern ist keine Alternative“, sagte Bouffier.
Hessischer Aktionsplan zur Integration von Flüchtlingen und Bewahrung des gesellschaftlichen Zusammenhalts
Die oberste Pflicht: Obdachlosigkeit vermeiden
Oberste Priorität hat die Unterbringung der Flüchtlinge. In den vergangenen Monaten wurde die Zahl der Außenstellen der Erstaufnahmeeinrichtung (HEAE) und Notunterkünfte permanent erweitert und die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch rund 350 Landesbedienstete und Pensionäre aufgestockt. Die Landesregierung wird die Bedingungen in den Erstaufnahmeeinrichtungen weiter verbessern:
Integration muss vor Ort gelingen: finanzielle Entlastung und verbesserte Zusammenarbeit mit den Kommunen
Die Kommunen leisten herausragende Arbeit bei der Aufnahme und Integration der Flüchtlinge.
Grundlage dafür ist eine möglichst planbare und transparente Verteilung der neuankommenden Menschen. Ein geregelter Informationsfluss soll zu mehr Planungssicherheit führen. Für eine verbesserte Zusammenarbeit und Koordination zwischen dem Land und den Städten und Gemeinden hat die Landesregierung eine Hotline für Bürgermeister eingerichtet. Auch die Integration der Menschen, die im Land bleiben, wird vor Ort in den Kommunen geleistet. Der neugeordnete Kommunale Finanzausgleich (KFA) erreicht mit 4,3 Milliarden Euro 2016 ein neues Rekordniveau, von dem die meisten Städte und Gemeinden profitieren. Zusätzlich stehen im KFA 2016 bis zu 25 Millionen Euro für die Kommunen für zusätzliche Ausgaben durch Flüchtlinge bereit.
Bildung schafft Chancen: für eine erfolgreiche Zukunft
Bildung erhöht die Chancen für eine erfolgreiche Zukunft. Sie ist die Grundlage für den wirtschaftlichen Wohlstand unseres Landes. Allein 40 Millionen Euro wird die Landesregierung deshalb für Bildungsmaßnahmen zusätzlich aufwenden.
Förderung des Spracherwerbs: in jedem Alter und von Anfang an
Wer Deutsch spricht, besitzt den Schlüssel zur Integration und Teilhabe an der Gesellschaft. Deshalb legt die Landesregierung auf den Spracherwerb ein besonderes Gewicht und fördert ihn bei Menschen, die ein Recht haben zu bleiben, von Anfang an und in jeder Altersgruppe:
Erleichterter Zugang zum Arbeitsmarkt: Teilhabe ermöglichen
Viele Flüchtlinge werden Unterstützung bei der Qualifizierung für den Arbeitsmarkt benötigen. Daher kommt der Förderung von betrieblichen Berufsausbildungen besondere Bedeutung zu. Die Landesregierung unterstützt Flüchtlinge darin, auf eigenen Beinen zu stehen. Die Förderung steht jungen Menschen mit berufsbezogenem Sprachförderungsbedarf ungeachtet ihrer Herkunft offen. Flüchtlinge können an dem Programm teilnehmen, wenn eine hohe Bleibeperspektive besteht. Das Land kann dadurch auch von ihrem Wissen, ihrem Beitrag zur Wertschöpfung, ihren Steuern und Beiträgen profitieren.
Sicherheit und Schutz für alle: Bürger und Flüchtlinge
Sicherheit und Ordnung sind essentiell für eine funktionierende Gemeinschaft. Es gibt keine Toleranz für fremdenfeindliche Übergriffe oder andere Formen von politischem oder religiösem Extremismus. Kriminalität und Fremdenfeindlichkeit sollen verhindert bzw. bekämpft werden.
Ohne Ehrenamt geht es nicht: Wertschätzung, Koordinierung und Entlastung
Der Beitrag der Ehrenamtlichen für die Integration der Flüchtlinge und damit für den gesellschaftlichen Zusammenhalt kann nicht hoch genug bewertet werden. Dies gilt es auch weiterhin zu fördern. Die Landesregierung unterstützt zusätzliche Maßnahmen in Höhe von zwei Millionen Euro.
Schnell und unbürokratisch: Wohnraum schaffen
Der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum wird steigen. Daher wird das Land bis 2019 rund eine Milliarde Euro in den Wohnungsbau investieren, die bestehenden Standards beim Baurecht überprüfen und schnell und unbürokratisch neuen und bezahlbaren Wohnraum schaffen.
Für schnellere Abläufe: Mehr Personal in allen Bereichen
Viele Bereiche der öffentlichen Verwaltung stehen vor großen Herausforderungen, die sie nur durch zusätzliches Personal in angemessener Zeit bewältigen können. Im Haushaltsplanentwurf 2016 sind die Personalstellen im Bereich Flüchtlinge bereits deutlich erhöht worden, und zwar im Einzelnen wie folgt:
Hinzu treten nunmehr weitere Personalbedarfe aufgrund der nochmals deutlich gestiegenen Flüchtlingszahlen, die sich im nachfolgend dargestellten Rahmen bewegen werden:
Finanzierung
Hessen hat früh gehandelt und bereits im September 2014 ein erstes Maßnahmenpaket Asyl vorgelegt. Die Entwicklung, dass Millionen Menschen ihre Heimat verlassen, hat niemand vorhersehen können. „Der Aktionsplan wird dazu beitragen, dass die Menschen, die bei uns bleiben, erfolgreich in unsere Gesellschaft integriert werden. Die Kosten dafür kommen uns allen zugute“, sagte Ministerpräsident Bouffier. Das Land stellt mehr als eine Milliarde Euro bereit, um die Flüchtlingskrise zu bewältigen. Im Sinne einer seriösen und vorausschauenden Haushaltspolitik wird im Laufe des ersten Halbjahrs 2016 überprüft, ob diese Summe ausreicht. Aufgrund der guten konjunkturellen Entwicklung in Deutschland und Hessen, ist es dem Land möglich, die zusätzlichen Ausgaben zu finanzieren. Sollte sich die Konjunktur abschwächen, stellt sich die Frage der Finanzierung in verschärfter Form. Hier bleibt der Bund in der Mitverantwortung.
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