Unter Leitung von Ministerpräsident Volker Bouffier ging es im Gespräch mit Vertretern des Finanzplatzes Frankfurt am Main vor allem um Zukunftsstrategien und Standortfragen.

Unter Leitung des Ministerpräsidenten Volker Bouffier tagte heute das Finanzplatzkabinett. Nachdem das Handels- und Kooperationsabkommen mit Großbritannien in Kraft getreten ist, ging es im Gespräch mit Vertretern des Finanzplatzes Frankfurt am Main vor allem um Zukunftsstrategien und Standortfragen.

Auf langfristigem Standortmarketing aufbauen

„Der Brexit ist Realität. Dass der Finanzplatz London nicht mehr Teil der EU ist, hat vor allem ihm selbst geschadet. Frankfurt, aber auch andere europäische Standorte haben von Geschäftsverlagerungen profitiert und werden weiter profitieren. Als Hessische Landesregierung haben wir unmittelbar nach dem Referendum damit begonnen, uns auf diese neue Situation einzustellen. Auf diesem langfristigen Standortmarketing können wir aufbauen. Allerdings befindet sich der Finanzplatz Frankfurt auch in einer innereuropäischen Konkurrenzsituation, sodass wir unsere Aktivitäten ausbauen müssen. Wir brauchen dabei einen Gleichklang von Bund und Ländern, um weiter mithalten zu können.“, so der Hessische Ministerpräsident.

In der Diskussion wurde deutlich, dass ein funktionierender und attraktiver Finanzplatz notwendig ist, für den digitalen und ökologischen Wandel. „Der Finanzsektor spielt bei diesem Prozess eine zentrale Rolle, bei dem es natürlich auch um den Ausbau von Arbeitsplätzen bei den Banken und Versicherungen geht“, sagte der Ministerpräsident.

Ebenso betonte Ministerpräsident Bouffier, dass die Hessische Landesregierung sich dafür einsetzt, dass die geplante EU-Geldwäscheagentur nach Frankfurt kommt. „Wir haben am Finanzplatz eine ausgezeichnete Expertise und glauben deshalb, gute Chancen zu haben“, erklärte Bouffier.

Strategische Ausrichtung in die Zukunft: Thema KI

„Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir sagte: „Die Corona-Pandemie stellt die gesamte Wirtschaft vor enorme Herausforderungen. Doch sind Hessen und der Finanzplatz Frankfurt im Vergleich zu anderen europäischen Standorten deutlich besser durch die Krise gekommen. Das liegt nicht nur daran, aber auch an der strategischen Ausrichtung in die Zukunft: Neben dem Ausbau der FinTech-Aktivitäten treibt Hessen das Thema Künstliche Intelligenz voran, ob mit dem KI-Zentrum Hessen oder dem Financial Big Data Cluster. Beides sind wegweisende Projekte mit Strahlkraft. Zudem hat der Finanzplatz Frankfurt auf dem Weg zum führenden Sustainable Finance Standort durch die erste Klima-Selbstverpflichtung des deutschen Finanzsektors einen kräftigen Schub erhalten. Der Brexit, so sehr wir ihn bedauern, hat den Finanzplatz Frankfurt gestärkt. 64 Banken und Finanzdienstleister haben Erlaubnis- oder Änderungsanträge bei der BaFin gestellt, um ihre Präsenz in Deutschland auf- oder auszubauen. Das zeigt, wie attraktiv vor allem der Finanzplatz Frankfurt ist. Verfolgt man die Entwicklungen der letzten Monate, wird aber auch klar, dass das Rennen um den führenden Finanzplatz Europas im Post-Brexit-Zeitalter gerade erst begonnen hat. In diesem stark umkämpften Rennen wäre die Ansiedlung der geplanten EU-Geldwäschebehörde in Frankfurt daher ein starkes Zeichen und würde Frankfurt in der Rolle als Standort für europäische Aufsichtsbehörden stärken.“

Pläne für eine EU-Geldwäscheagentur

Europaministerin Lucia Puttrich betonte die aktuellen Bemühungen der Landesregierung, die geplante EU-Geldwäscheagentur in Frankfurt anzusiedeln. Derzeit berät die EU-Kommission über die Schaffung einer neuen EU-Geldwäschebehörde und es bedeutete eine weitere Stärkung des Finanzplatzes, wenn diese Behörde ihren Sitz in Frankfurt erhielte. Leicht umzusetzen ist dieses Ziel sicher nicht. Die Konkurrenz durch andere europäische Metropolen ist groß. Weder ist klar, ob der Bereich Geldwäschebekämpfung überhaupt eine eigenständige EU-Agentur erhält, noch ist entschieden, ob die neue Agentur dann nach Deutschland käme. Frankfurt am Main wäre allerdings ein hervorragender Standort. Wir sind nicht nur logistisch mit dem Flughafen, sondern auch technologisch über den größten Internetknotenpunkt Europas hervorragend mit der Welt verbunden. In der digitalisierten Welt der Zukunft ist das ein unschätzbarer Vorteil. Der Sitz der EZB, die Pläne für den Digitalen Euro, die Innovationskraft unseres Standortes und auch die Qualität der oft international ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sprechen darüber hinaus für unsere Mainmetropole. Dazu müssen wir auf Frankfurt aufmerksam machen. In Brüssel, aber auch in Berlin. Die Landesregierung arbeitet bereits seit Langem daran.“

Frankfurt ist unter den TOP 10 der globalen Finanzplätze

Frankfurt hat im internationalen Wettbewerb vom Brexit profitieren können. Das zeigt auch der aktuelle Global Financial Centres Index, nach dem Frankfurt unter den TOP 10 der globalen Finanzplätze rangiert. Doch Wettbewerb heißt nicht Stillstand, sondern Ansporn, sich weiterhin – auch unter den EU 27 Finanzplätzen – zu behaupten. „Frankfurt muss diese gute Ausgangslage für sich nutzen und sich bei den Zukunfts-themen attraktiv aufstellen,“ so Finanzminister Michael Boddenberg. „Für gute Standortbedingungen braucht es den Blick in die Praxis vor Ort. Das heutige Treffen konnte hierzu einen wichtigen Beitrag leisten und belegt den erfolgreichen Austausch der Landesregierung mit den verschiedenen Akteuren am Finanzplatz.“

Finanzminister Boddenberg weiter: „Frankfurt ist seit jeher Motor für innovative Entwicklungen in der Finanzwirtschaft. Daran gilt es anzuknüpfen und Lösungen für neue Herausforderungen voranzubringen. Hierzu gehört ein Rechtsrahmen, der auf eine sich verändernde Welt mit digitalen Vermögenswerten und Zahlungsströmen in Wirtschaft und Gesellschaft zugeschnitten ist. Der Einstieg mit dem elektronischen Wertpapier ist in Deutschland geschafft. Dazu gehört aber noch viel mehr und das müssen wir jetzt beherzt angehen. Zu einem zukunftsweisenden Rechtsrahmen gehört aber nicht nur die Anpassung an digitale Neuerungen. Um international wettbewerbsfähig zu bleiben, ist ein `Level Playing Field´ mit den führenden Finanzplätzen unabdingbar, also vergleichbare und faire Bedingungen auf dem gleichen Spielfeld. In Deutschland werden mittlerweile aber regelmäßig EU-Vorgaben mit dem sogenannten Goldplating national verschärft. Dies bedeutet für die Finanzdienstleister eine höhere Komplexität und Zusatzbelastungen. Daher gehört Goldplating zurückgenommen, wenn unsere Finanzdienstleister international wettbewerbsfähig sein sollen.“

Am Austausch nahmen u.a. Vertreter der Europäischen Kommission, des Bundesministeriums der Finanzen, der Deutschen Börse, der Deutschen Bundesbank, der Fin-Tech Community Frankfurt, der Commerzbank, der Helaba und des Verbands der Auslandsbanken teil.

Quelle: Staatskanzlei

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