**Sechs Fragen vom Bund der Steuerzahler Hessen e.V. an Volker Bouffier

Bund der Steuerzahler: **Mit welchen konkreten landespolitisch realisierbaren Maßnahmen wollen Sie die strukturelle Deckungslücke von rund 1,5 bis 2 Milliarden Euro im hessischen Landeshaushalt schließen?

 
Volker Bouffier:Mit der Verankerung der Schuldenbremse in der Hessischen Verfassung haben die Hessischen Bürgerinnen und Bürger eine historische Entscheidung mit herausragender Tragweite getroffen. 70 Prozent der Wählerinnen und Wähler haben sich dafür entschieden, dass das Land spätestens ab dem Jahr 2020 keine neuen Schulden mehr machen darf. Die CDU-geführte Landesregierung nimmt diesen Auftrag sehr ernst und verfolgt einen kontinuierlichen Abbaupfad, der die Nettoneuverschuldung bis spätestens zum Jahr 2019 auf null zurückführt. Mit dem vor kurzem beschlossenen Ausführungsgetz zur Schuldenbremse, dem sich die Oppositionsfraktionen im Hessischen Landtag nicht angeschlossen haben, haben wir als eines der ersten Bundesländer konkrete Regelungsinhalte zur Schuldenbremse und ein Konjunkturbereinigungsverfahren festgeschrieben. Zur Einhaltung der Schuldenbremse und damit zum Abbau des strukturellen Defizits wird entscheidend sein, das Ausgabewachstum unterhalb des Einnahmewachstums zu halten. Mit der vor kurzem vorgelegten und vom Hessischen Landtag zur Kenntnis genommenen Finanzplanung für die Jahre 2013-2017 haben wir einen Weg aufgezeigt, wie es uns gelingt, ab 2019 keine neuen Schulden mehr zu machen.
 
Auf der Ausgabenseite wurden bereits wichtige Schritte eingeleitet, so im Doppelhaushalt 2013/2014 u.a. der Abbau von 1.900 Stellen in der Landesverwaltung. Zwingend wird sein, dass wir die strikte Ausgabendisziplin der vergangenen Jahre beibehalten. Die Nettoneuverschuldung konnte seit 2009 mehr als halbiert werden. Wir werden auch weiterhin alle Ausgaben- und Aufgabenbereiche auf den Prüfstand stellen und kritisch auf ihr Einsparpotenzial hin durchleuchten. Von unserer Klage gegen das ungerechte System des Länderfinanzausgleichs versprechen wir uns eine nachhaltige finanzielle Entlastung unseres Landes. Zurzeit finanzieren nur noch drei Geberländer die restlichen 13 Länder. Hessen leistet von allen Ländern die höchsten Zahlungen pro Einwohner. Alleine durch den Wegfall der zweifelhaften eine Einwohnerveredelung der Stadtstaaten würde unser Land fast eine halbe Milliarde weniger einzahlen müssen. Neben der Begrenzung des Ausgabenwachstums bleibt es dringend notwendig, dass die Steuereinnahmen auf Grund der guten konjunkturellen Entwicklung einen positiven Verlauf nehmen. Es gilt daher alle Maßnahmen zu unterlassen, die zu einer Schwächung der wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes führen können. Die Absicht unserer politischen Mitbewerber deutlich mehr als zehn Steuerarten zu erhöhen und einzuführen hätte dagegen eine massive Mehrbelastung von Familien und die direkte Gefährdung von hundertausenden von Arbeitsplätzen zur Folge. Diese Absichten laufen dem Ziel zur Schaffung stabiler gesamt- und finanzwirtschaftlicher Rahmenbedingungen diametral entgegen.
 
Bund der Steuerzahler: Wie wollen Sie die aus dem Ruder laufenden Pensions- und Beihilfeverpflichtungen eindämmen und welche Maßnahmen halten Sie bei den Rückstellungen für erforderlich?
 
Volker Bouffier: Das Land Hessen hat als bislang einziges Flächenland sowohl eine nach kaufmännischen Regeln erstellte und geprüfte Eröffnungsbilanz, als auch Jahresabschlüsse aufgestellt und veröffentlicht. Damit ist Hessen in Sachen Transparenz deutschlandweit Vorreiter. Der eingeschlagene Weg eines umfassenden Nachweises der aktuellen Verpflichtungen aus künftigen Pensions- und Beihilfeverpflichtungen ist die Grundvoraussetzung, um alle finanziellen Verpflichtungen des Landes erfüllen zu können. Nur wer seine eigene Lage kennt, kann auch entsprechend handeln. Für Versorgung und Beihilfe sind weitere Maßnahmen zur Begrenzung des weiteren Ausgabenanstiegs unabdingbar. Vor diesem Hintergrund war die stufenweise Anhebung der Regelaltersgrenze von bisher 65 auf 67 Jahre in Hessen unumgänglich. Gleiches gilt für die Dämpfung der Auswirkungen der Versorgungsanpassungen in den Jahren 2011 und 2012 durch eine Absenkung der monatlichen Sonderzahlung ab Oktober 2012. Um die absehbaren Auswirkungen des demografischen Wandels in künftigen Haushalten abzufedern, hat das Land im Jahr 2005 mit dem sukzessiven Aufbau einer zusätzlichen, kapitalgedeckten Altersversorgung begonnen. Hessen führt für jeden neu eingestellten Beamten einen aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung pauschalierten Betrag an das Sondervermögen "Versorgungsrücklage" ab. Das dadurch in der Rücklage angesammelte Vermögen wird sich im Jahr 2017 auf voraussichtlich rund 2,1 Milliarden Euro belaufen. Auch dies hat bundesweiten Vorbildcharakter. Nach den derzeitigen Planungen werden 2019 ein ausgeglichener kameraler Haushalt und ab dem Jahr 2020 positive Jahresergebnisse erzielt werden können. Somit wird der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag im Anschluss kontinuierlich sinken. Außerdem werden ab dem Jahr 2025 die jährlichen Zuführungen zur Versorgungsrücklage größer sein, als die jeweilige Erhöhung der Pensions- und Beihilferückstellungen. Langfristig zeitigt die solide Haushaltsführung der Landesregierung ihren Erfolg auch in der nach kaufmännischen Grundsätzen aufgestellten Bilanz und sichert somit den nachfolgenden Generationen den notwendigen finanziellen Gestaltungsspielraum.
 
Bund der Steuerzahler: Wie bewerten Sie die Entwicklung der Personalkosten des Landes in den letzten Jahren und welche konkreten Vorgaben in diesem Bereich halten Sie in der nächsten Legislaturperiode für notwendig?
 
Volker Bouffier: Die Personalkosten stellen mit fast der Hälfte des Volumens des gesamten Haushaltes einen sehr entscheidenden Faktor für den Abbau des strukturellen Haushaltsdefizits dar. Berechnungen zeigen, dass die gesamten Personalausgaben im Jahr 2017 den Ausgangswert des Jahres 2006 um ein Drittel übersteigen werden. Die Ausgaben für die Aktivbeschäftigten des Landes tragen zu dieser Entwicklung mit einem Zuwachs von rund 24 Prozent nur unterdurchschnittlich bei. Die Versorgungs- und Beihilfeausgaben liegen demgegenüber im Jahr 2017 um mehr als 55 Prozent über dem Niveau des Jahres 2006. Pro Jahr bedeutet dies einen Zuwachs in Höhe von 4,1 Prozent, während es bei den Aktivbeschäftigten nur 2 Prozent sind. Im Bereich der künftigen Versorgungszahlungen hilft uns die gebildete Versorgungsrücklage entstehende Lasten abzufedern. Die hohe Ausgabendynamik bei den Personalausgaben führt eindringlich vor Augen, dass Maßnahmen in diesem Bereich weiterhin unumgänglich sind. Der von der Landesregierung mit dem Doppelhaushalt 2013/2014 angestoßene Abbau von 1.900 Stellen in der Verwaltung ist daher ohne Alternative.
 
Bund der Steuerzahler: Wie beurteilen Sie die fraktionsübergreifenden Bemühungen im letzten Jahrzehnt, alle Subventionen auf den Prüfstand zu stellen? Welche Erkenntnisse ziehen Sie daraus und welche Maßnahmen halten Sie hier in den nächsten fünf Jahren für notwendig?
 
Volker Bouffier: Durch die Vorlage des Berichts über die Finanzhilfen des Landes erhält der Hessische Landtag im Abstand von zwei Jahren jeweils einen umfassenden Einblick in alle Subventionstatbestände. Dieser Bericht, der auch als Subventionsbericht bezeichnet wird, fließt in die Beratungen der jeweiligen Fachausschüsse des Landtages ein. Leider ist zu konstatieren, dass der bisherige Ansatz, mit Hilfe von fraktionsübergreifenden Beratungen im Landtag eine nennenswerte Einsparsumme zu bestimmen, bislang nicht zum Erfolg geführt hat. In der kommenden Legislaturperiode gilt es, die vorhandenen Instrumente zur Haushaltssteuerung noch besser zu nutzen. So können die Doppik und das damit verbundene Informationspotenzial helfen, den Haushalt auch im Bereich der Finanzhilfen effizienter zu steuern. Die Ergebnisse des von der Landesregierung eingesetzten Kabinettausschusses „Nachhaltige Haushaltsstruktur in Hessen“ werden eine weitere Hilfestellung sein. Festzustellen ist aber auch, dass bei einzelnen Finanzhilfen eine differenzierte Betrachtung geboten ist. So werden beispielsweise auch die Forschungsförderung von Bund und Land, der Hochschulpakt 2020 oder die Ausgaben des Landes für die Kinderbetreuung als Finanzhilfe und damit als sogenannte Subvention qualifiziert. Die Steigerungsraten in diesen Bereichen in den letzten Jahren waren und sind politisch gewollt. Orientierung für unser politisches Handeln wird auch in den kommenden Jahren immer die Sicherstellung der Zukunftsfähigkeit unseres Landes sein.
 
Bund der Steuerzahler: Welche strukturellen Änderungen sollten unbedingt in der nächsten Legislaturperiode in Angriff genommen werden? Wie bewerten Sie diesbezüglich den Abbau einer Verwaltungsebene, die länderübergreifende Zusammenlegung von Landesämtern und die Privatisierung von Landesbetrieben?
 
Volker Bouffier: Es bleibt eine kontinuierliche Aufgabe, sich über die Ausgabenstruktur des Landeshaushaltes Gedanken zu machen. Mit dem Bericht der von der Landesregierung eingesetzten Haushaltstrukturkommission wurden die Ausgaben unseres Landes mit allen Flächenländern-West verglichen. Auch wenn diese Länder auf Grund ihrer unterschiedlichen Struktur stellenweise nur bedingt miteinander zu vergleichen sind, haben sich aus dem Bericht mehrere Ansätze für strukturelle Veränderungen ergeben. Die umfangreichen Bemühungen wie Verwaltungsvereinfachung, Privatisierung oder Effizienzsteigerung werden wir daher auch der Zukunft fortsetzen. Die länderübergreifende Zusammenlegung von Landesämtern werden wir prüfen. Den Abbau einer Verwaltungsebene lehnen wir ab. Eines bleibt aber auch klar: Bei aller Analyse kann eine erfolgreiche Konsolidierung des Landeshaushaltes nur dann erfolgen, wenn dieser Weg mit den Landesbeschäftigten gemeinsam beschritten wird. Hierzu wollen wir alle Landesbediensteten einladen. Die Mitarbeiter sind das größte Kapital, das unser Land hat und die Beschäftigten wissen am besten, wo Reserven gehoben werden können. Wir wollen daher die Einrichtung einer Stabsstelle für ein betriebliches Vorschlagsmanagement prüfen. Jeder, der durch seine Idee das Land Hessen besser macht, soll dafür eine entsprechende Anerkennung erhalten. Im Hinblick auf andere strukturelle Veränderungen erlaube ich mir auf die weiteren Antworten der von Ihnen gestellten Fragen zu verweisen.
 
Bund der Steuerzahler: **Halten Sie die bestehenden Pensionsregeln für kommunale Wahlbeamte, Landtagsabgeordnete und Minister in Hessen für vorbildlich?
 
**Volker Bouffier: Wie bereits erwähnt stellen die Versorgungsaufwendungen des Landes eine erhebliche Belastung für die Haushaltskonsolidierung dar. Auch vor diesem Hintergrund haben wir im Hinblick auf die Abgeordnetenversorgung eine deutliche Reduzierung vorgenommen. So führt ein Ausscheiden aus dem Amt nach nur wenigen Jahren zu einer erheblichen finanziellen Belastung. Ein Pensionsanspruch entsteht darüber hinaus heute nicht mehr nach dem 55., sondern erst vom 60. Lebensjahr an. Der Anspruch auf Mindestversorgung beginnt heute erst nach acht und das Anrecht auf den Höchstsatz gar erst nach 24 Jahren Mitgliedschaft im Hessischen Landtag. Wir dürfen bei aller Rücksichtnahme auf die finanzielle Situation der öffentlichen Haushalte, die für uns ausdrücklich oberste Priorität hat, nicht vergessen: Die Verdienstmöglichkeiten für unsere gewählten Volksvertreter müssen so ausgestaltet sein, dass das Engagement für ein politisches Amt auch für die besten und klügsten Köpfe attraktiv bleibt.

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