- Es gilt das gesprochene Wort -

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete,

mit dem Jahreswechsel sind wir in die 20er-Jahre des 21. Jahrhunderts eingetreten, ein neues Jahrzehnt hat begonnen. Und nicht nur der Blick auf den Kalender bestätigt den Zeitenwechsel, es ist auch der allgemeine Eindruck unserer Zeit, dass sich gerade ein fundamentaler Umbruch in vielen Bereichen unseres Lebens vollzieht. Sie alle kennen die Schlagworte Digitalisierung, Globalisierung, Migration oder Klimawandel, um nur die wichtigsten Themen zu nennen. In solchen Zeiten vielfachen Wandels brauchen wir Orientierung.

Diese Orientierung wollen wir geben, und zwar mit einem klaren Ziel. Wir wollen, dass das starke Hessen von heute zu einem noch stärkeren Hessen von morgen wird. Wir haben eine klare Vorstellung davon, wie Hessen am Ende dieses Jahrzehnts aussehen soll.

Lassen Sie mich dies an einigen Beispielen aufzeigen.

  • Am Beginn der 30er-Jahre wird Hessen durch und durch digitalisiert sein.
  • Dies betrifft beispielsweise den Verkehr: Es werden vollautonome, emissionsfreie Autos leise und unfallfrei auf unseren Straßen surren. Wir können davon ausgehen, dass die meisten von ihnen elektrisch mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werden.
  • Durch eine Künstliche Intelligenz (KI) auf Weltniveau koordiniert eine intelligent vernetzte Verkehrsinfrastruktur den öffentlichen Nahverkehr bedarfsgerecht in den Städten und bindet den ländlichen Raum nahtlos an die Ballungszentren an.
  • Denken Sie an Bildung und Forschung: Schülerinnen und Schüler können am Nachmittag den aufgezeichneten Mathematikunterricht noch einmal nachverfolgen, eine Pause einlegen oder sich einzelne kompliziertere Sequenzen noch einmal in der Wiederholung ansehen. Studierende in technischen Fachrichtungen vergleichen in der Mittagspause ihre eigenen Lehrinhalte mit ähnlichen Vorlesungen aus Europa oder den USA. Die Digitalisierung bietet ungeahnte Möglichkeiten der Interaktion, des spielerischen Einstiegs in Probleme und der Individualisierung.
  • Unsere Universitäten und Forschungseinrichtungen, in die wir heute massiv investieren, werden die deutsche KI-Forschung auf ein neues Level heben und Innovationen und Patente hervorbringen, die wiederum Möglichkeiten eröffnen, von denen wir heute noch nichts ahnen.
  • Der digitale Wandel wird sich auch auf die Arbeitswelt und das Wohnen ausdehnen. Die Verfügbarkeit über einen Breitbandanschluss und schnelles Internet ermöglicht vielen Menschen in der Wirtschaft und auch im öffentlichen Dienst die Möglichkeit von Home-Office. Smartes und sprachgesteuertes Wohnen wird komfortabler vor allem für ältere Menschen oder Menschen mit körperlichen Einschränkungen sein. Ihr persönlicher digitaler Wohnassistent versorgt Sie mit Informationen, regelt die gewünschte Temperatur des Hauses oder kümmert sich um ihre Sicherheit.
  • Wir lassen uns nicht von der digitalen Hetze der Populisten spalten, sondern nutzen die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung zum Zusammenhalt der Gesellschaft und zum Wohle der Allgemeinheit.
    Was heute noch nach einem fast futuristischen Idealbild klingt, führt doch nur die großen Linien weiter, die uns der längst angebrochene Epochenwandel anbietet und die wir weiterführen werden.

Infrastruktur, Forschung und Technologie

Meine Damen und Herren,

diese Landesregierung hat den klaren Willen, die gestalterische Kraft und die Kompetenz, Hessen in diese neue Zeit sozial verträglich, wirtschaftsstark und umweltbewusst zu führen. Der vorliegende Haushalt ist das finanzielle Fundament zur Erreichung dieser Ziele.

Hessen gehört zu den stärksten Ländern in Deutschland und den kraftvollsten Regionen in Europa überhaupt – jede ernstzunehmende Statistik wird Ihnen das bestätigen. Der Anspruch der Landesregierung ist es, dass dies auch in Zukunft der Fall sein wird.

Wir ruhen uns nicht auf den Erfolgen aus, sondern investieren in unsere Zukunft. Deshalb investieren wir in Infrastruktur, Forschung und Technologie, die für unsere Zukunft entscheidend sein werden.

So investieren wir zum Beispiel in das Tech Quartier in Frankfurt, in dem inzwischen 130 Startups mit hunderten von Mitarbeitern tätig sind. Dort werden insbesondere sogenannte Fin-Techs entwickelt. Dies stärkt den Finanzplatz Frankfurt Rhein-Main und unsere IT-Kompetenz.

In Hanau investieren wir in strategische Rohstoffforschung. Mit 32 Millionen haben wir die Grundlage für ein neues Fraunhoferzentrum gelegt. Schon jetzt arbeiten 80 Forscher an der Nutzung von Neben- und Abfallprodukten, um so unter anderem Ökonomie und Ökologie besser miteinander in Einklang zu bringen.

Zur Unterstützung, insbesondere der Startups werden wir einen Zukunftsfonds von ca. 250 Millionen Euro einrichten. Die Beteiligung bedeutender Unternehmen aus der Region an diesem Fonds entwickelt sich mittlerweile höchst erfreulich.

Wir investieren weiter intensiv in den Breitbandausbau und in unsere Digitalstrategie. In einem Ländervergleich hat der Verband der Internetwirtschaft im Jahre 2019 Hessen mit Abstand auf den ersten Platz aller Länder gesetzt. Das freut uns natürlich, aber darauf ruhen wir uns nicht aus. Unser Ziel bleibt u. a. bis 2030 die flächendeckende Glasfaseranbindung für jedes Haus.

Auch beim Mobilfunk lassen wir nicht nach. Jeden Tag werden in Hessen drei Mobilfunkmasten neu gebaut oder modernisiert. Das waren alleine im vergangenen Jahr 1.387.

Unter der strategischen Führung der Digitalministerin bauen wir ein Hessisches Kompetenzzentrum für künstliche Intelligenz mit 20 Professoren auf. Dies alles sind Maßnahmen, die für eine erfolgreiche Zukunft unseres Landes von größter Bedeutung sind.

Wissenschaft und Forschung sind die Arbeitsplätze von morgen. Deshalb investieren wir verlässlich in unsere Hochschulen. Der Hochschulpakt mit seiner garantierten Steigerung von 4% jährlich und der Fortsetzung des HEUREKA-Hochschulbauprogramms mit zusätzlich 1,7 Milliarden bis 2031 belegen diese Verlässlichkeit und Planbarkeit für unsere Hochschulen.

Wie in vielen anderen Bereichen ist hier Hessen vorn!

Wir investieren in unsere Infrastruktur, so zum Beispiel beim Verkehr.

Mit einer großen Kraftanstrengung verbinden wir moderne Mobilitätskonzepte mit den höchsten Finanzaufwendungen, die es für Verkehre in Hessen je gab.

Das [Landesticket für die Beschäftigten des Landes(https://innen.hessen.de/buerger-staat/personalwesen/landesticket-fuer-hessen-unterwegs), das Schülerticket und das Seniorenticket sind bundesweit Vorzeigemodelle für moderne Mobilitätskonzepte. Sie verbinden ökologische, ökonomische und soziale Aspekte und sie wirken in Stadt und Land. Als nächsten Schritt werden wir, wie versprochen, dieses Angebot auch für ehrenamtlich Tätige erweitern.

Wir investieren in den Schienenverkehr. Am Frankfurter Flughafen ist mit der Station Gateway Gardens erst vor wenigen Wochen die erste U-Bahn seit 2008 in Betrieb gegangen. Wir treiben die Planung für die Westtangente Frankfurt und die nordmainische S-Bahn voran und wir erhalten und bauen Straßen. Die A49, die A44, der Riederwaldtunnel in Frankfurt und eine ganze Reihe von Umgehungsstraßen im ganzen Land stehen hier als Beispiele.

Zur Infrastruktur gehört auch der Wohnungsbau. Wir investieren so viel wie nie und arbeiten zum Beispiel in den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften an vielfältigen Lösungen für sozial verträgliche Mieten, zum Beispiel durch den Ankauf von Belegungsrechten oder geringeren Mieterhöhungen.

Mit dem Frankfurter Bogen hat Kollege Al-Wazir einen zukunftsweisenden Vorschlag zum Wohnungsbau im Ballungszentrum gemacht. Hier brauchen wir die Bereitschaft der Kommunen zur Ausweisung von Bauland. Mit den finanziellen Hilfen aus dem kommunalen Finanzausgleich wollen wir als Land hierbei die Kommunen unterstützen.

Klimaschutz und Landwirtschaft

Zur lebenswerten Zukunft gehört auch eine lebenswerte Umwelt. Diese ist durch den Klimawandel bedroht. Dieser Klimawandel ist kein Hirngespinst, sondern reale Wirklichkeit. Die Landesregierung ist deshalb entschlossen, auch landespolitisch hier gegenzusteuern. Mit unserem integrierten Klimaschutzplan, den wir kontinuierlich weiterentwickeln wollen, leisten wir unseren Beitrag. Der Klimawandel ist global, aber er entbindet uns nicht davon, unseren Beitrag zur Bekämpfung zu leisten. Dabei gilt, alle Maßnahmen müssen ökologisch wirksam, ökonomisch vernünftig und sozial vertretbar sein.

Dies ist zum Beispiel nach den deutlichen Korrekturen durch die Länder im Bundesrat beim Klimapaket des Bundes der Fall und deshalb haben wir diesem Paket jetzt auch zugestimmt.

Es kann nicht darum gehen, einzelne Teile der Bevölkerung besonders zu belasten, damit andere sich besser fühlen. Schon gar nicht helfen ideologische Feldzüge gegen das Auto und das Flugzeug weiter. Beide sind in einer Welt, die individuelle Mobilität als Teil individueller Freiheit ernst nimmt, nicht wegzudenken.

Überdies werden unsere Anstrengungen zu notwendigen Veränderungen nur dann erfolgreich sein, wenn sie in der Bevölkerung Akzeptanz finden. Dies kann nur gelingen, wenn wir trotz notwendiger Veränderungen unsere Arbeitsplätze und unseren wirtschaftlichen Wohlstand erhalten.

Das ist auch deshalb notwendig, weil unsere Anstrengungen nur dann wirklich weiter nützen, wenn andere Länder uns folgen.

Wir setzen deshalb weder auf Ideologie noch auf Zwang, sondern auf Anreize, moderne Technologie und Wissenschaft. Deshalb haben wir bereits in diesem Januar das Kompetenzzentrum für Klima- und Lärmschutz im Luftverkehr gestartet. Dort wollen wir - möglichst mit Unterstützung des Bundes - auch eine Pilotanlage zur Herstellung strombasierten synthetischen Kerosins (sogenannte Power-Liquid-Anlage) aufbauen. Synthetische Kraftstoffe sind der Schlüssel für Klimaschutz und wettbewerbsfähigen Luftverkehr.

Eine besondere Herausforderung beim Klimaschutz stellt die Landwirtschaft dar. Auch hier muss gelten, nicht Ideologie, sondern Maß und Mitte. Die Landwirte gehören nicht auf die Anklagebank, sondern verdienen unseren Respekt und unsere Hilfe. Deshalb gilt für die Landesregierung: Nicht gegen, sondern mit der Landwirtschaft müssen wir diese Herausforderung angehen. Der bundesweit einzigartige „Zukunftspakt Hessische Landwirtschaft“ ist deshalb das richtige Forum, um gemeinsam die Herausforderung zu meistern.

Bildung und Kinderbetreuung

Erfolgreiche Zukunftsgestaltung bedeutet auch, sehr gute Startbedingungen für unsere Kinder.

Hier ist Hessen vorbildlich. Nachdem wir in der vergangenen Wahlperiode für die Drei- bis Sechsjährigen sechs Stunden beitragsfrei gestellt haben, investieren wir nun in die Qualität der Kitas. In diesem Jahr helfen wir den Kommunen als Träger der Kinderbetreuung mit über 1 Milliarde Euro. Das ist eine Verdopplung der Mittel aus dem Landeshaushalt in wenigen Jahren. Zu SPD Zeiten leistete das Land weit weniger als 100 Millionen an Zuschüssen für die Kommunen.

Natürlich hilft hier das Geld des Bundes, aber das Gute-Kita-Gesetz läuft 2022 aus und der Bund hat bislang keinerlei gesetzlichen Initiativen gestartet, um danach weiter zu bezahlen. Damit dann die Qualität nicht wieder zurückgefahren werden muss oder die Kommunen auf den Kosten sitzen bleiben, hat Hessen - soweit ich sehe einmalig in Deutschland - sich verpflichtet, mögliche Ausfälle durch Landesgeld bis 2025 auszugleichen. Dies ist keineswegs selbstverständlich und ein deutliches Signal sowohl für die Kinderbetreuung als auch die gute Zusammenarbeit mit den Kommunen in Hessen.

Erfolgreiche Zukunft bedeutet auch erfolgreiche Bildungspolitik. Wir halten in der Bildungspolitik an unseren Grundlagen fest und bauen sie weiter aus. Zu Schuljahresbeginn haben wir trotz weitgehend gleichbleibender Schülerzahl zusätzliche sechshundert Lehrerstellen geschaffen. Zur Gewinnung von Lehrkräften erhöhen wir die Studienplätze für Grundschullehrer und Förderschullehrer und stellen darüber hinaus 200 Referendarstellen zur Verfügung.

Wir erhöhen die Zahlen der sonderpädagogischen Fachkräfte nochmals um 140 Stellen.

Zur Umsetzung des Digitalpakts haben wir die Bundesmittel aus Landesmitteln auf rund eine halbe Milliarde Euro erhöht. Das ist vorbildlich und unterscheidet uns von den anderen Ländern. Ich freue mich, dass die erste Förderung aus diesem Paket bereits bei den Schulen ankommt z. B. in der Stadt Offenbach.

Völlig neu haben wir die Unterstützung der Schulleitungen durch die Finanzierung zusätzlicher Verwaltungskräfte in Angriff genommen.

Generell halten wir unseren bildungspolitischen Zielsetzungen fest und bauen z. B. konsequent unser Ganztagsangebot an den Schulen aus. Zu unseren Überzeugungen gehört es, dass eine erfolgreiche Schullaufbahn nur gelingen kann, wenn die Schülerinnen und Schüler gut deutsch sprechen können. Deshalb wollen wir mit einer besonderen Anstrengung für die Bildungssprache Deutsch in den Grundschulen und Förderschulen 180 Stellen zusätzlich für den Deutschunterricht zur Verfügung stellen.

Dies alles sind konkrete Marksteine einer Bildungspolitik, die dem Bildungserfolg der Schüler und Schülerinnen nützen und sie befähigen, ihre Zukunft erfolgreich zu gestalten.

Sicherheit

Gute Zukunft eines Landes bedeutet immer auch eine sichere Zukunft. Deshalb bleibt die Innere Sicherheit Schwerpunkt unserer Arbeit.

Diese Arbeit war und ist erfolgreich. Hessen ist ein sicheres Land und belegt unter den Bundesländern Platz 3. Die Kriminalitätsbelastung ist so niedrig, wie seit 40 Jahren nicht mehr und die Aufklärungsquote mit einem Spitzenwert von 64,2% zeigt diese Erfolge deutlich. Als die SPD in Hessen noch regierte, lag die Quote weit unter 50%.

Auch wenn unsere Sicherheitspolitik nachweislich sehr erfolgreich ist, bleibt die Sicherheit vielfältig bedroht und es bedarf deshalb weiterer Anstrengungen.

So haben wir nochmals rund 400 Stellen für die Polizei zur Verfügung gestellt. Nach Ausbildungsende bedeutet dies, dass wir so viel Polizeibedienstete in Hessen haben werden, wie noch nie. Diese Anstrengung ist notwendig bei der Vielzahl an Aufgaben.

Aus gegebenem Anlass möchte ich hierbei insbesondere auch auf die 30 neuen Stellen für die Anpassung der Schutzmaßnahmen für die jüdischen Liegenschaften hinweisen, die über einen interfraktionellen Änderungsantrag geschaffen werden. Ich freue mich über diese gemeinsame Initiative. Dies ist auch ein bewusstes Signal gegen den Antisemitismus und für die jüdischen Mitbürger, die ohne Angst in unserem Land leben sollen.

Auch für die Justiz führen wir unser Aufbauprogramm mit rund 280 zusätzlichen Stellen fort. Hier sollen zum Beispiel der Opferschutz, die Prävention, aber auch der Strafvollzug gestärkt werden.

Einen besonderen Schwerpunkt stellen die Anstrengungen für die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität beim Generalstaatsanwalt und das Vorgehen gegen Hass und Gewalt im Netz mit 30 neuen Richterstellen und 23 zusätzlichen Stellen bei der Staatsanwaltschaft dar.

Die Verfolgung von Straftaten ist ein zwingendes Gebot des Rechtsstaates. Nicht minder bedeutsam ist aber auch, Straftaten nach Möglichkeit zu verhindern.

Deshalb erhöhen wir unsere Anstrengungen und zur Prävention und wollen mit rund 7 Millionen zusätzlich für das „Beratungsnetzwerk Hessen“ oder das Demokratiezentrum Hessen an der Universität Marburg u. a. insbesondere auch die Entwicklung des Rechtsextremismus bekämpfen.

Hierzu gehört auch die Stiftung des Walter Lübcke-Preises für Demokratie. Mit diesem Preis wollen wir nicht nur das Andenken an Walter Lübcke wahren, wir wollen damit auch Menschen und Initiativen würdigen, die sich gegen Hass und Hetze, Extremismus und Gewalt und für unsere demokratische Ordnung beispielhaft einsetzen.

Unsere Anstrengungen werden auf Dauer nur erfolgreich sein, wenn es gelingt, in einer breiten gesellschaftlichen Anstrengung möglichst viele Bürger zu erreichen. Diesem Ziel dient unter anderem, die vor wenigen Tagen in Betrieb gegangene Plattform „hessengegenhetze.de“, bei der jeder Bürger sich melden kann, um seine Beobachtungen im Netz zu melden und wo diese Meldungen von Experten von Polizei und Justiz geprüft werden. Ein Angebot an die Bürger, was soweit ich sehe, einmalig in Deutschland ist.

Zu einem sicheren Land gehört auch, dass die Bürger sich darauf verlassen können, in der Not qualifizierte Hilfe zu erhalten. Dies geschieht bei uns durch die Feuerwehr, Katastrophenschutz und Hilfsdienste. Ihre Arbeit ist unverzichtbar und wird ganz überwiegend ehrenamtlich geleistet. Umso befremdlicher, um nicht zu sagen schändlicher, ist es, wenn solche Hilfskräfte bei ihrer Arbeit auch noch angegriffen, beleidigt oder gar verletzt werden.

Diese Entwicklung ist nicht hinnehmbar und schon gar nicht ein Verständnis für die Gewalttäter. Im Gegenteil: Es ist eine pure Selbstverständlichkeit, dass Demokraten hinter denen stehen, die unter Umständen ihr Leben einsetzen, um uns zu helfen.

Finanzpolitik und Europa

Sehr geehrte Damen und Herren,

zur Sicherung unserer Handlungs- und Zukunftsfähigkeit halten wir auch Kurs in unserer Finanzpolitik.

Wir investieren massiv in Zukunftsaufgaben, stärken unser Personal deutlich, machen aber keine Schulden. Im Gegenteil, wir zahlen auch in 2020 alte Schulden zurück.

Nun verlangt insbesondere die Opposition ständig und überall noch mehr Geld auszugeben, natürlich ohne gleichzeitig eine mögliche Lösung zum Sparen bei bisherigen Aufgaben vorzulegen.

Dann bleibt natürlich nur das Schuldenmachen. Das ist sogar die Empfehlung mancher Ökonomen. Nach dem Motto: „Durch die Nullzinspolitik kostet es doch nichts!“ Dies ist verlockend zugegeben. Aber ungeachtet des Zinsrisikos glaube ich nicht, dass es zukünftig eine größere Bereitschaft gibt, Geld zu sparen, um Schulden zurückzuzahlen. Ist Geld da, wird es immer etwas geben, wofür es dringend ausgegeben werden muss. So bleiben die Schulden von heute die Steuererhöhung von morgen und die Mitgift unserer Generation für die junge Generation.

Außerdem muss man darauf hinweisen, dass mangelnde Investitionen häufig nicht am Geld scheitern. So werden Milliarden nicht abgerufen wegen zu langer und komplizierter Planungs- Genehmigungs- und Gerichtsverfahren. Hier muss angesetzt werden. Eine Vereinfachung im Planungs- Genehmigungsrecht oder zwei statt drei Verwaltungsgerichtsverfahren wären schon ein guter Anfang. Hessen wird die angekündigten Schritte des Bundes hierbei intensiv unterstützen.

Es bleibt aber dabei, eine Politik, die es sich jetzt bequem macht und die Lasten allein der Zukunft aufbürdet, ist weder gerecht, weil sie der Generationsgerechtigkeit widerspricht, noch ist sie nachhaltig und deshalb ist sie insgesamt abzulehnen.

Eine gute Zukunft bedeutet auch, dass Land und Kommunen erfolgreich zusammenarbeiten. Ein starkes Land kann nur bei starken Kommunen eine gute Zukunft haben.

Hessen ist ein verlässlicher Partner der Kommunen. In mancherlei Hinsicht sind wir sogar vorbildlich. Der Kommunale Finanzausgleich erreicht mit 6 Milliarden einen neuen Rekordwert. Diese für die Finanzierung der Kommunen so wichtige Säule trägt also noch stärker als bisher.

Bei einer anderen wichtigen Einnahmequelle der Kommunen, der Grundsteuer, wollen wir in Hessen den Kommunen einen gemeinsamen Weg vorschlagen. Dabei gilt - egal welche Lösung man wählt - sie muss für die Kommunen möglichst aufkommensneutral, möglichst unbürokratisch und sozial verträglich sein.

Diese Voraussetzungen halten wir bei dem Bundesmodell für höchst zweifelhaft, da es aus unserer Sicht zu kompliziert und in seinen Auswirkungen in den einzelnen Gemeinden höchst problematisch ist.

Wir wollen deshalb im Sinne der Kommunen einen möglichst einfachen Weg vorschlagen, der - orientiert am Flächenmodell - die Einnahmen sichert, wenig Bürokratie erfordert und die Unterschiede in einer Gemeinde im Rahmen hält. Insbesondere zum letzten Gesichtspunkt wollen wir eine Bandbreite der Steuererhebung nach oben und unten vorschlagen, die die Gemeinde innerhalb eines bestimmten Rahmens selbst bestimmen können soll. Im Ergebnis soll es einfacher als das Scholz-Modell, aber gerechter als ein reines Flächenmodell sein.

Mit unserer Initiative zur Übernahme der Kassenkredite haben wir die Kommunen um rund 5 Milliarden entschuldet. Das ist einmalig in Deutschland und wird bundesweit gelobt. Was das konkret bedeutet, kann man erkennen, wenn man die Feststellungen des Statistischen Bundesamt anschaut und feststellt, dass in Hessen je Einwohner 62,00 € Kassenkredite bestehen und z. B. in NRW 1.262,00 € und in Rh./Pfalz sogar 1302,00 € pro Person. Also mehr als das 20-fache!

Diese Anstrengung darf aber nicht dadurch bestraft werden, dass Hessen bei der Planung von Bundesminister Scholz zur Entschuldung verschiedener Städte mit Mitteln des Bundes und der Länder leer ausgeht, weil wir mit der Hessenkasse bereits selbst gehandelt haben. Dem können wir auf keinen Fall zustimmen. Wir werden in diesen Verhandlungen deshalb darauf achten, dass Hessen hier nicht übervorteilt wird.

Überhaupt ist es dringend notwendig, das Verhältnis von Bund und Ländern neu auszurichten. Wir werden uns deshalb den Bemühungen Bayerns und Baden-Württembergs zur Reform insbesondere der Finanzverfassung anschließen.

Wenn man den Blick auf die Geschichte Deutschlands wirft, wird man sehr bald feststellen, dass unser Land immer dann sehr erfolgreich war, wenn es föderal und nicht zentralistisch ausgerichtet war. Der Föderalismus als horizontale Gewaltenteilung ermöglicht eine zusätzliche Kontrolle der Regierung und bürgernahe Verwaltung, die die Anliegen der Menschen vor Ort viel eher wahrnehmen kann, als die ferne Hauptstadt. Unsere föderale Ordnung ist auch der Grund für Deutschlands Stärke. In zentralistischen Staaten gibt es meist eine starke Hauptstadt und der Rest ist mehr oder weniger Provinz. In Deutschland gibt es viele starke Wirtschafts- und Kulturregionen, die im besten Sinne im Wettbewerb stehen.

Diese föderale Struktur wird aber ausgehöhlt, wenn der Bund zwar Geldmittel bereitstellt, die Länder diese aber mit einem Verlust an Kompetenzen und neuen Abhängigkeiten von Berlin erkaufen müssen.

So wird der eigenständige Gestaltungsspielraum insbesondere der Landesparlamente immer geringer und dagegen die Erwartungen der Bürger immer höher.

Dieses Thema ist höchst bedeutsam und verschiedene Beispiele belegen dies. So weise ich zum Beispiel auf den Digitalpakt Schule hin. Für 1% der Bildungsausgaben hier im Land, so hoch ist der vielzitierte Beitrag des Bundes, werden neue Verwaltungsstrukturen und -standards etabliert und nach Auslaufen des Programms bleiben alle Lasten beim Land und den Schulträgern.

Genauso läuft es beim Gute-Kita-Gesetz. Besonders eindrucksvoll ist für diese Praxis auch der sogenannte „Pakt für den Rechtsstaat“.

2000 Stellen für die Justiz wurden vereinbart. Davon wurden beim Bund 127 und den Ländern 1883 Stellen geschaffen.

Der Bund gibt zur Unterstützung dieses ganzen Programms sage und schreibe 220 Millionen. Das heißt konkret bei einem Jahresaufwand pro Stelle von rund 80.000 Euro reicht das Bundesgeld bei 2.000 Richtern und Staatsanwälten für ein Jahr und 4 ½ Monate. Die Länder müssen die entsprechenden Bediensteten aber lebenslang bezahlen.

Die nächste - noch größere - Fehlentwicklung deutet sich bei der Auseinandersetzung um den beitragsfreien Betreuungsanspruch der Grundschüler an. Der Bund hat dies versprochen, aber Finanzmittel in Aussicht gestellt, die nicht einmal für ein Jahr reichen würden. Diese Entwicklung wird Hessen – und ich bin mir sehr sicher auch die anderen Länder – nicht mitmachen.

Wir müssen zurück zur Grundordnung des Grundgesetzes, dass in Artikel 30 vorgibt, dass die Verwaltung Sache der Länder ist und in Artikel 104 Grundgesetz festschreibt, dass jede staatliche Ebene so viel von den Steuern erhalten muss, dass sie ihre Aufgaben erfüllen kann.

Das bedeutet konkret, entweder bestimmt der Bund mit und zahlt dauerhaft angemessen oder er enthält sich zukünftig bei diesen Themen oder aber die Steuern werden deutlich dauerhaft anders verteilt.

Gleiches muss auch für Europa gelten. Wir sind überzeugte Europäer, aber achten natürlich auf unsere Interessen. Wir werden uns sowohl gegenüber der Bundesregierung, aber vor allem auch in der EU frühzeitig für unsere Interessen einsetzen. Das gilt für die Klimapolitik, die Regelung der Finanzmärkte, die Neuregelung des mehrjährigen Finanzrahmens oder auch z. B. für die Neufassung, der für Hessen so wichtigen Regelungen zur Chemieindustrie.

Dabei halten wir an unseren bewährten Partnerschaften mit unseren Partnerregionen fest und wollen so unseren Beitrag zu einem einigen Europa leisten.

Gute Zukunft werden wir aber auch nur dann haben, wenn es uns gelingt, unsere Gesellschaft zusammenzuhalten.

Die Landesregierung hat hierzu vielfache Initiativen ergriffen insbesondere zur Bekämpfung von Ausgrenzung, Hass, Hetze und Gewalt. Wir haben uns im vergangenen Jahr hier im Parlament mehrfach dazu ausgetauscht. Ich bedanke mich für die Ankündigung der SPD Opposition, dass sie uns bei dieser Arbeit unterstützen will. Bei allem Streit in der Sache ist es notwendig, dass Demokraten zusammenstehen, wo die Demokratie bedroht ist.

Der Zusammenhalt unserer Gesellschaft wird aber auch durch die technologische Entwicklung auf die Probe gestellt werden.

Die Digitalisierung wird zum Beispiel die Arbeitswelt völlig verändern. Alte Arbeitsplätze werden verschwinden und neue kommen hinzu. Aber nicht jeder, der bislang einen qualifizierten Arbeitsplatz hatte, der nun wegfällt, wird automatisch zum Softwareentwickler. Das beunruhigt zunehmend viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Hier muss es darum gehen, diesen Prozess frühzeitig zu begleiten und wirksame Weiterbildungskonzepte zu entwickeln.

Das ist natürlich zunächst Aufgabe jedes einzelnen, der Gewerkschaften und der Unternehmen. Es wäre deshalb gut, wenn gerade die Tarifpartner hier Konzepte entwickeln. Es ist aber auch Sache der Gemeinschaft und der Politik, sich dieser Entwicklung anzunehmen.

Ich strebe deshalb ein Expertengremium mit in der Praxis bewährten Personen des digitalen Lebens und Arbeitens, mit Unternehmen, Gewerkschaften, Kommunen, der Arbeitsverwaltung und den Fraktionen des Landtags an, um für Hessen das Thema zu diskutieren, Konzepte zu entwickeln und diese voran zu bringen.

Ich würde mich freuen, wenn auch die Fraktionen dieses Angebot annehmen.

Meine Damen und Herren,

dieser Haushalt ist solide aufgestellt. Er ermöglicht wichtige Zukunftsinvestitionen. Er kommt ohne neue Schulden aus und tilgt alte Schulden. Er ist damit einer vernünftigen, weitsichtigen Politik von Maß und Mitte – gerade auch für die kommenden Generationen – verpflichtet. Er verbindet Stabilität und Ordnung mit dem notwendigen Aufbruch in eine neue Zeit.

Das ist der Rahmen dafür, dass damit das starke Hessen von heute das noch stärkere Hessen von morgen sein wird.

Ich danke Ihnen.

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